0090 - 13.07.2024 - Wüste Väter 40

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Kommentare: 3
  • #1

    Diana (Montag, 15 Juli 2024 09:16)

    Zum 2.:
    Der Wortteil „zeihen“ bedeutet etymologisch „beschuldigen, bezichtigen“. Das Wort „verzeihen“ bedeutet „jemandem ein Vergehen vergeben, entschuldigen“, aber auch „versagen, abschlagen, sich lossagen, aufgeben, verlassen“. Hier spiegelt sich das reflexive Verb „verzichten“ wieder. Verzeihen ist, spirituell betrachtet, hauptsächlich ein innerer Vorgang. Durch das Verzeihen sagen wir uns los von unheilsamer Bindung. Und das können wir nur in uns. Kein anderer sonst kann uns diese Freiheit geben.

    Wenn jemand sich uns gegenüber etwas zuschulden kommen lässt, reagieren wir darauf, häufig, aber je nach Entwicklungsgrad, unterschiedlich emotional und gedanklich. Diese Reaktion ist erst einmal normal, kann uns aber, wenn wir anhaften, stark binden. Bindung entsteht, wenn wir diesem Vorfall, der Person und ihrem Verhalten mehr Aufmerksamkeit und Energie zuwenden, als es für die Bewältigung der Situation erforderlich ist. Die „Schuldnerseite“ ihrerseits hat einerseits mit der eigenen Tat zu tun, ob sie diese nun wahrnehmen kann oder will (oder nicht), annimmt und sich schlecht fühlt oder ihr Verschulden ablehnt und uns überstülpt. Und neben der Tat bemerkt sie wahrscheinlich auch unsere Reaktion, und das wird weitere Gefühle, Gedanken und Elementale produzieren bzw. bedienen. Das macht deutlich, dass selbst mit einem kleinen Fehler erhebliche Bewegungen in uns und um uns einhergehen, spirituell auch Verwicklungen genannt.

    Verzeihen bedeutet, aus diesem Vorgang bewusst auszusteigen, nicht gleich absolut, aber als Annäherung immer mehr. Wir sagen uns los von unserer Bewertung und Reaktion, das heißt, wir versuchen, daraus mögliche Verwicklungspotentiale zu reduzieren. Wir sagen uns los von der möglichen Wirkung unheilsamer Taten auf uns. Wie schaffen wir das? Indem wir uns, in aller Liebe, klarmachen, wie fehlerhaft und entwicklungsbedürftig auch unser eigenes Selbst (AP) und Verhalten ist. Indem wir die Dinge nicht als persönlich auf uns gemünzt sehen, sondern dahinter auch eine noch nicht vollständige Suche und Entwicklung beim Anderen sehen. Indem wir uns klarmachen, das der oft erlebte Schaden nur eine kleine Kränkung unseres Egos ist, an dem wir überwertig anhaften. Indem wir die Position des Richters und Gerichts über andere aufgeben, und versuchen, uns selbst zu richten (Innenschau und Selbstanalyse) und richtig zu verhalten. Das ist schon schwer und fordernd genug. Und darüber hinaus erkennen wir, dass alles, womit wir JETZT konfrontiert sind, das ist, was wir JETZT brauchen, um uns weiterzuentwickeln. Wir haben zu irgendeinem Zeitpunkt diese Bedingungen geschaffen (Karma) und arbeiten sie jetzt einfach annehmend und geduldig ab (lernen durch das verstehen von Ursache und Wirkung). Wir nehmen unser eigenes Schicksal und die aktuelle Herausforderung an und lehnen es ab, den Grund oder die Schuld dafür bei anderen zu suchen. Wir werden Menschen, die die Herausforderung in sich erkennen und bewältigen und sie nicht unheilsam nach außen verlagern. So verhindern wir weitere Verwicklungen mit anderen, wir werden selbst freier und geben auch anderen die Möglichkeit dafür.

    Verzeihen ist eigentlich nur ein kleiner abschließender Akt, dem eine bewusste innere Auseinandersetzung vorangeht. Verzeihen zu können bedeutet, anzufangen zu erkennen, wie die Dinge wirklich sind. Es ist gelebt Erkenntnis und gezeigte Entwicklung. Wir erkennen, wie enorm vielfältig die Entwicklungsanforderungen unseres jetzigen Entwicklungsstandes sind. Und das kann einen, recht erkannt und verstanden, einfach nur demütig werden lassen.

  • #2

    Diana (Montag, 15 Juli 2024 09:32)

    Zum 3.:
    Nicht immer ist (körperliche) Mühsal der rechte Ansatzpunkt für weitere Entwicklung. Es gilt auch hier tanzend zu werden (Weg-Arbeit), ohne an den Strippen der AP zu tanzen. Es gilt zu erkennen, wo wir jetzt gerade Entwicklungsanforderungen haben. Vielleicht MÜHen wir uns gerade an der falschen Stelle ab (Einrichtung). Entwicklung erfordert zwar BeMÜHungen, muss aber nicht MÜHselig sein im Sinne einer (sinnlosen) Selbstkasteiung und übermäßigen Anstrengung. Es gilt, den mittleren Weg nicht aus den Augen zu verlieren, da jede längere einseitige Anstrengung eine Reaktion zur anderen Seite provozieren wird (Ausgleich zwischen Polen).

    Vergleichen ist ein schmaler Grad, an dem man schnell abstürzt. Es ist gut, in Anderen ein gutes Beispiel zu sehen (wo es der Fall ist) und sich davon inspirieren zu lassen. Trotzdem müssen wir unseren eigenen Weg gehen. Vielleicht würde der Altvater vorankommen, wenn er weniger körperliche Mühsal auf sich nehmen würde, es gilt aber in jedem Fall genau hinzusehen, ob und wo man sich festgefahren hat.

    An einen Lehrer werden höhere Maßstäbe angelegt als an einen Schüler, trotz der Tatsache, dass ein Lehrer ein Schüler bleiben muss, und ein Schüler ein guter Lehrer sein kann.

  • #3

    Ruth Finder (Montag, 15 Juli 2024 20:59)

    Ein Nebengedanke zum "Verzeihen" (irgendwo gelesen und hier mit eigenen Worten wiedergegeben):

    Man kann das Geschehene nicht ungeschehen machen: Die intellektuelle Erinnerung bleibt. Also, man kann nicht vergessen.

    Aber man kann (könnte) verzeihen/vergeben, wenn die emotionale, gefühlsmäßige Erinnerung an das Geschehene uns nicht mehr "triggert", verblasst, nicht mehr da ist. Denn dann entstehen keine entsprechenden Gedanken und in Folge auch daraus resultierende Handlungen, die das Verzeihen nicht ermöglichen.
    Daran zu arbeiten, wäre ein wichtiger Schritt.

    Das sind die persönlichen, gefühlserregenden Aufwallungen des Egos (AP), die immer wieder die Erinnerung in einer unversönlichen Weise "aufwärmen".