Untertan

 

Und Gott machte die Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art, und das Vieh nach seiner Art und alles Gewürm des Erdbodens nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.

Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.

Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.

Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht. (1.Mo 1,25-28)

 

 

Um einmal die Art des fundamentalen Irrens der Menschen an einem Beispiel zu beschreiben, bedienen wir uns dieses Textes aus dem ersten Buch Mose. Hier wird ziemlich gut deutlich, wie Aussagen, die wir auf die dritte Säule des spirituellen Lebens beziehen können (könnten), unerwachten Auffassungen bezüglich der ersten beiden Säulen unterworfen werden.

 

Mittlerweile erkennt ja praktisch jeder Mensch, der halbwegs über die globalen Entwicklungen informiert ist, dass wir scheinbar (offensichtlich?) von uns nicht aufhaltbar dabei sind, den Lebensraum Erde weitreichend zu zerstören. Aufgehalten werden wir schließlich durch die Zerstörungen selbst werden - nicht mehr eingebildete Herrscher, sondern selbstgemachte Opfer.

 

Im Mosestext schuf Gott alle Tiere - und sah, dass alles von ihm Geschaffene gut war. Das sagt er vom Menschen nicht, als er ihn danach schuf. Dafür erteilt er ihm einen Auftrag. Nämlich sich zu mehren und fruchtbar zu sein, die Erde zu füllen, sie sich untertan zu machen und über alle Tiere zu herrschen. Offenbar war sein Urteil, ob die Menschen gut oder nicht so gut (schlecht) wären, abhängig davon, wie sie seinen Auftrag erfüllen würden.

 

Sehr gut ist es damit bisher nicht gelaufen. Aus dem egozentrierten Missverständnis heraus hat der Mensch den Auftrag individuell interpretiert als:

 

1. Sich fortzupflanzen und zu vermehren, ohne über Grenzen von Anzahl und Ort nachzudenken - und wenn gelegentlich doch, dann immer nur auf "die anderen" bezogen.

 

2. Sich alle Tiere zu unterwerfen und zu beherrschen, wie es ihm gerade in den Sinn kam - hier allenfalls begrenzt durch die anderen Menschen und in stetiger Konkurrenz mit ihnen.

 

Lesen wir den göttlichen Auftrag einmal spirituell. Uns zu mehren, fruchtbar zu sein und die Erde zu füllen, können wir, auf die grobstoffliche Ebene angewendet, gar nicht individuell oder auf das soziale Umfeld bezogen lesen. Wir würden sehr schnell in Konflikte mit anderen Individuen und Gruppen geraten, und so ist es ja auch zu allen Zeiten bis in die Gegenwart überall geschehen. Nein, der Auftrag macht auf der grobstofflichen Ebene nur auf die gesamte Menschheit bezogen Sinn. Und da stellt sich sofort die Frage, wann denn die Erde "gefüllt" ist. Leider haben wir als Menschheit diese Frage aber weder gehört noch uns ihrer Beantwortung gestellt.

 

Psychonoetisch gesehen (also bezogen auf Emotionen und Gedanken) bedeutet unsere Mehrung und Fruchtbarkeit gewiss Erkenntnisgewinn in Verbindung mit der Reife, diese Erkenntnisse fruchtbar einzusetzen - und nicht furchtbar, wie es leider viel zu oft geschieht und geschah - oder auch nur zwar im Detail positiv, aber losgelöst vom Kontext und dadurch im größeren Zusammenhang wiederum zerstörerisch.

 

Und das "Füllen" der Erde? Es meint bezogen auf den Menschen das Füllen mit Sinn. Das Erfüllen unserer Aufgabe auf unserem Schulungsniveau.

 

Sehr kurz gefasst dürfen wir sagen, dass "untertan machen" als das verstanden werden muss, was es wirklich meint. Wir sollen "gerechte" Herrscher werden, allen und allem (und nicht zuletzt uns gegenseitig) gegenüber. Jeder ein Licht der Welt. Nicht die, die die letzte Kerze im Klassenraum auspusten.