Tsongkhapa ist ein Meister der kurzen Fassung. So schafft er Zauberworte wie "in gesunder Weise", die uns selbst schon für sich in langes und tiefes Nachdenken katapultieren können, bevor wir auch
nur über den ganzen Satz zu sinnen beginnen. Ebenso ist es mit "Dies richtig erkennend" und sogar mit "einen (...)" Meister.
#2
Diana(Montag, 03 Juni 2024 21:16)
gesunde Weise: das rechte Maß finden zwischen Belehrungen anzunehmen und dabei kritisch sein; Inhalte überprüfen durch eigene Anwendung, eigene Erfahrungen mit den Belehrungen des Meisters sammeln
(„stimmt das, was er sagt?“); das rechte Maß finden zwischen Theorie und Praxis, zwischen rechtem Tun und Lassen (Aktion), Reflexion und Kontemplation;
gütiger, spiritueller Meister: ein weit vorangegangener Bruder (oder Schwester), der seinen Weg viel weiter gemeistert hat als wir; gütig im Sinne von „ist gut“, „geht gut und gütig mit Schülern um“,
„trägt wahres Gut in sich“ (Lehre, Wissen, Ausrichtung, Verwirklichung) und „teilt sein Gut gütig mit uns“; gütig vielleicht auch im Sinne von „passt gut zu mir als Lehrer“, „mit ihm kann ich (etwas)
anfangen“ (wo ist mein Ausgangspunkt, was ist dafür ein geeigneter Lehrer)
Grundlage aller guten Eigenschaften: wir benötigen für unseren Weg ab einem gewissen Punkt Lehrer, die uns die Richtung weisen und Hilfestellung geben, damit unsere Bemühungen um spirituelle
Entwicklung Früchten tragen kann; der Lehrer (zusammen mit der Lehre und zunehmend die Gemeinschaft) ist die Basis, die uns Halt und Orientierung gibt, damit wir besser vorankommen können; kann ein
innerer oder äußerer Lehrer sein, aber es muss eine Instanz sein, die nicht im samsarischen Weltmeer mit schwankt und strauchelt; das hilft uns, die sechs guten Eigenschaften oder befreienden
Handlungen zu verwirklichen: Großzügigkeit, ethische Selbstdisziplin, Geduld, Ausdauer, geistige Stabilität/ Konzentration und unterscheidendes Gewahrsein/ Weisheit
Wurzel des Pfades: daraus erwächst unsere spirituelle Entwicklung; eigentlich widersprüchlich, weil eine Wurzel fest im Boden ist, der Pfad aber für unzählige Abfolge von Schritten steht; dies
spiegelt vielleicht wider, dass wir einerseits fest und stabil werden/ sein müssen, gleichzeitig aber auch vorangehen müssen: fest und stabil, aber in Bewegung;
richtig erkennend: ab einem bestimmten Entwicklungspunkt erkennt man die Kostbarkeit und Bedeutung eines geeigneten Lehrers, ist dankbar, diese Gnade zu erleben, nach den Irrungen und Wirrungen
vieler vorangegangener Inkarnationen
Inspiration erbitten: Erleuchtung erbitten, um guten Chancen nicht zu verpassen
großer Wertschätzung und Bemühungen: nicht müde werden, für die Gnade, einen geeigneten Lehrer gefunden zu haben, dankbar zu sein; nicht einschlafen und dies als selbstverständlich nehmen; Äußerungen
des Lehrers mit Sorgfalt und Kontinuität nutzen, nicht nachlässig werden in den Bemühungen, ein guter Schüler zu werden
auf ihn verlassen: zu-lassen belehrt zu werden; altes (unmodifizierte AP) los-lassen (modifizieren lernen); Zu-Neigung entwickeln im Sinne von „sich den Inhalten des Lehrers und der eigenen
Entwicklung hinwenden“, verweist auf Ausrichtung (andere Richtung suchen, bewusste spirituelle Entwicklung)
#3
Jonas(Dienstag, 04 Juni 2024 07:38)
Eine ergänzende Überlegung zur „Wurzel des Pfades“:
Am Beginn des spirituellen Pfades haben wir noch keinen beständigen Zugang zu unserem höheren Selbst, es blitzt in gewissen Situationen auf, ist uns aber noch kein dauerhafter Bezugspunkt (Wurzel),
von dem aus wir die Dinge so sehen können, wie sie einfach sind.
Wir erleben alles durch die Filter unserer AP, das sind unsere Vorstellungen, Einstellungen, Meinungen, etc. die permanent unsere erlebte Wirklichkeit verzerren, die uns in unserer Blase gefangen
halten.
Hier kommt der Meister ins Spiel, der uns ersatzweise den festen Stand vermittelt, den wir selbst am Anfang noch nicht haben. Er ist unsere „Wurzel des Pfades“, der wir so lange vertrauen, bis wir
selbst „gehen“ gelernt haben und all das überprüfen können, was wir vorher als Arbeitshypothesen dankbar von ihm angenommen haben.
Aber auch darüber hinaus bleibt er uns natürlich Vertrauter, Freund, Wegbegleiter und auch Mahner, der liebevoll oder auch mit Strenge darauf hinweist, wenn wir vom Weg abweichen.
#4
Jonas(Dienstag, 04 Juni 2024 07:43)
Oh, wie ich gerade gesehen habe, hat R.F. das ja alles schon in "Meister befreien" dargestellt.
Naja, doppelt hält vielleicht besser^^.
#5
C.(Dienstag, 04 Juni 2024 10:10)
zu #4: ^^ Wenn das ein Mangel wäre, dann könnte man den Blog gleich dichtmachen. Und Kreistreffen wären ebenfalls unnötig. Wir wiederholen seit Jahrzehnten, immer mit leicht verschobenen Blickwinkeln
- selbst, wenn wir nach drei Wochen exakt die gleichen Worte benutzen würden. Da ist die spirituelle Offenbarung wie das Wasser des Flusses (Da Vinci). In jeder Gegenwart ist die vorangehende
verflossen und die kommende heraufgezogen. Und doch berühren wir immer wieder Wasser, Wasser. Und beim Fließen des Wasssers wird nach und nach der Stein (wir) geformt, gehöhlt und gelöst von seiner
Stofflichkeit.
#6
C.(Dienstag, 04 Juni 2024 17:32)
Tsongkhapa spricht von EINEM Meister. Er meinte das vielleicht auch wörtlich so. Heute würden wir meiner Meinung nach sagen, dass es kein Problem ist, eine gesunde Mitte zwischen Meisterhopping und
starrem Festhalten an einer Person zu finden. Fein, wenn man tatsächlich mit EINEM Meister gut bedient ist, aber es ist okay, sich überall umzuschauen und "die Rosinen aus dem Kuchen zu klauben".
Daski beschrieb das ja auch mit seinen Bienen, die in allen Gärten Nektar suchen "aber immer in den heimischen Stock zurückkehren". Und der heimische Stock ist nicht das Daskalos-System oder "das
Christentum", sondern der spirituelle Pfad, den wir im Alltag beschreiten.
#7
Diana(Mittwoch, 05 Juni 2024 05:51)
Zu #3: lieber Jonas, danke für den bereichernden Kommentar, sehr klar und prägnant.
#8
Diana(Mittwoch, 05 Juni 2024 05:53)
zu #5: Ein sehr schönes Bild und Beschreibung mit dem Wasser und dem Stein. Kannte ich so nicht. Danke, Clemens.
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C. (Montag, 03 Juni 2024)
Tsongkhapa ist ein Meister der kurzen Fassung. So schafft er Zauberworte wie "in gesunder Weise", die uns selbst schon für sich in langes und tiefes Nachdenken katapultieren können, bevor wir auch nur über den ganzen Satz zu sinnen beginnen. Ebenso ist es mit "Dies richtig erkennend" und sogar mit "einen (...)" Meister.
Diana (Montag, 03 Juni 2024 21:16)
gesunde Weise: das rechte Maß finden zwischen Belehrungen anzunehmen und dabei kritisch sein; Inhalte überprüfen durch eigene Anwendung, eigene Erfahrungen mit den Belehrungen des Meisters sammeln („stimmt das, was er sagt?“); das rechte Maß finden zwischen Theorie und Praxis, zwischen rechtem Tun und Lassen (Aktion), Reflexion und Kontemplation;
gütiger, spiritueller Meister: ein weit vorangegangener Bruder (oder Schwester), der seinen Weg viel weiter gemeistert hat als wir; gütig im Sinne von „ist gut“, „geht gut und gütig mit Schülern um“, „trägt wahres Gut in sich“ (Lehre, Wissen, Ausrichtung, Verwirklichung) und „teilt sein Gut gütig mit uns“; gütig vielleicht auch im Sinne von „passt gut zu mir als Lehrer“, „mit ihm kann ich (etwas) anfangen“ (wo ist mein Ausgangspunkt, was ist dafür ein geeigneter Lehrer)
Grundlage aller guten Eigenschaften: wir benötigen für unseren Weg ab einem gewissen Punkt Lehrer, die uns die Richtung weisen und Hilfestellung geben, damit unsere Bemühungen um spirituelle Entwicklung Früchten tragen kann; der Lehrer (zusammen mit der Lehre und zunehmend die Gemeinschaft) ist die Basis, die uns Halt und Orientierung gibt, damit wir besser vorankommen können; kann ein innerer oder äußerer Lehrer sein, aber es muss eine Instanz sein, die nicht im samsarischen Weltmeer mit schwankt und strauchelt; das hilft uns, die sechs guten Eigenschaften oder befreienden Handlungen zu verwirklichen: Großzügigkeit, ethische Selbstdisziplin, Geduld, Ausdauer, geistige Stabilität/ Konzentration und unterscheidendes Gewahrsein/ Weisheit
Wurzel des Pfades: daraus erwächst unsere spirituelle Entwicklung; eigentlich widersprüchlich, weil eine Wurzel fest im Boden ist, der Pfad aber für unzählige Abfolge von Schritten steht; dies spiegelt vielleicht wider, dass wir einerseits fest und stabil werden/ sein müssen, gleichzeitig aber auch vorangehen müssen: fest und stabil, aber in Bewegung;
richtig erkennend: ab einem bestimmten Entwicklungspunkt erkennt man die Kostbarkeit und Bedeutung eines geeigneten Lehrers, ist dankbar, diese Gnade zu erleben, nach den Irrungen und Wirrungen vieler vorangegangener Inkarnationen
Inspiration erbitten: Erleuchtung erbitten, um guten Chancen nicht zu verpassen
großer Wertschätzung und Bemühungen: nicht müde werden, für die Gnade, einen geeigneten Lehrer gefunden zu haben, dankbar zu sein; nicht einschlafen und dies als selbstverständlich nehmen; Äußerungen des Lehrers mit Sorgfalt und Kontinuität nutzen, nicht nachlässig werden in den Bemühungen, ein guter Schüler zu werden
auf ihn verlassen: zu-lassen belehrt zu werden; altes (unmodifizierte AP) los-lassen (modifizieren lernen); Zu-Neigung entwickeln im Sinne von „sich den Inhalten des Lehrers und der eigenen Entwicklung hinwenden“, verweist auf Ausrichtung (andere Richtung suchen, bewusste spirituelle Entwicklung)
Jonas (Dienstag, 04 Juni 2024 07:38)
Eine ergänzende Überlegung zur „Wurzel des Pfades“:
Am Beginn des spirituellen Pfades haben wir noch keinen beständigen Zugang zu unserem höheren Selbst, es blitzt in gewissen Situationen auf, ist uns aber noch kein dauerhafter Bezugspunkt (Wurzel), von dem aus wir die Dinge so sehen können, wie sie einfach sind.
Wir erleben alles durch die Filter unserer AP, das sind unsere Vorstellungen, Einstellungen, Meinungen, etc. die permanent unsere erlebte Wirklichkeit verzerren, die uns in unserer Blase gefangen halten.
Hier kommt der Meister ins Spiel, der uns ersatzweise den festen Stand vermittelt, den wir selbst am Anfang noch nicht haben. Er ist unsere „Wurzel des Pfades“, der wir so lange vertrauen, bis wir selbst „gehen“ gelernt haben und all das überprüfen können, was wir vorher als Arbeitshypothesen dankbar von ihm angenommen haben.
Aber auch darüber hinaus bleibt er uns natürlich Vertrauter, Freund, Wegbegleiter und auch Mahner, der liebevoll oder auch mit Strenge darauf hinweist, wenn wir vom Weg abweichen.
Jonas (Dienstag, 04 Juni 2024 07:43)
Oh, wie ich gerade gesehen habe, hat R.F. das ja alles schon in "Meister befreien" dargestellt.
Naja, doppelt hält vielleicht besser^^.
C. (Dienstag, 04 Juni 2024 10:10)
zu #4: ^^ Wenn das ein Mangel wäre, dann könnte man den Blog gleich dichtmachen. Und Kreistreffen wären ebenfalls unnötig. Wir wiederholen seit Jahrzehnten, immer mit leicht verschobenen Blickwinkeln - selbst, wenn wir nach drei Wochen exakt die gleichen Worte benutzen würden. Da ist die spirituelle Offenbarung wie das Wasser des Flusses (Da Vinci). In jeder Gegenwart ist die vorangehende verflossen und die kommende heraufgezogen. Und doch berühren wir immer wieder Wasser, Wasser. Und beim Fließen des Wasssers wird nach und nach der Stein (wir) geformt, gehöhlt und gelöst von seiner Stofflichkeit.
C. (Dienstag, 04 Juni 2024 17:32)
Tsongkhapa spricht von EINEM Meister. Er meinte das vielleicht auch wörtlich so. Heute würden wir meiner Meinung nach sagen, dass es kein Problem ist, eine gesunde Mitte zwischen Meisterhopping und starrem Festhalten an einer Person zu finden. Fein, wenn man tatsächlich mit EINEM Meister gut bedient ist, aber es ist okay, sich überall umzuschauen und "die Rosinen aus dem Kuchen zu klauben". Daski beschrieb das ja auch mit seinen Bienen, die in allen Gärten Nektar suchen "aber immer in den heimischen Stock zurückkehren". Und der heimische Stock ist nicht das Daskalos-System oder "das Christentum", sondern der spirituelle Pfad, den wir im Alltag beschreiten.
Diana (Mittwoch, 05 Juni 2024 05:51)
Zu #3: lieber Jonas, danke für den bereichernden Kommentar, sehr klar und prägnant.
Diana (Mittwoch, 05 Juni 2024 05:53)
zu #5: Ein sehr schönes Bild und Beschreibung mit dem Wasser und dem Stein. Kannte ich so nicht. Danke, Clemens.