0040 - 28.05.2024 - Wüste Väter 15

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Kommentare: 3
  • #1

    Diana (Sonntag, 02 Juni 2024 09:57)

    Das ist, mit wenigen Worten, eine sehr gute Beschreibung, welchen Wert und Bedeutung Askese hat. Verzicht, um Raum zu bekommen, sich im Leben den Dingen widmen zu können, die wirklich wichtig sind. Verzicht für eine heilsamere spirituelle Verwirklichung. Verzichten auf hindernde, karmisch bindende Umstände, die Leid für uns und Andere schaffen. Wir bewegen uns hin zu Gott, zu unserer göttlichen Verwirklichung und je mehr Raum wir dafür schaffen, umso mehr Zugangsmöglichkeiten hat Gott zu uns, kann uns unterstützen.

    Das bedeutet aber trotzdem, dass dieser Verzicht durch uns erst einmal realisiert werden muss. Verzicht bedeutet in eine Richtung „ja“, und gleichzeitig in eine andere Richtung „nein“ zu sagen. Wenn wir erkennen, dass wir bestimmte Lebensumstände verändern müssen, weil sie unserer Entwicklung nicht mehr förderlich sind oder in unserem Umfeld zu Leid führen, haben wir als Wegarbeiter die Verantwortung und Pflicht, dies auch anzugehen. Wir müssen uns prüfen, welche Motivation und Motive hinter unserem Wünschen, Tun und Lassen sind. Und auch dahinter gibt es Motive und auch dahinter. Und das ist an manchen Ecken erst einmal schwer und schmerzhaft: Das herauszufinden, Entscheidungen zu treffen und sie umzusetzen.

    Im Fleische inkarniert zu sein, hier unsere Erfahrungen zu machen, bedeutet, dass wir zuerst das Leid (des Verzichts) spüren und erfahren, wir können uns auch als Wegarbeiter davon nicht freimachen. Wir sind konfrontiert mit unseren, in Teilen immer noch vorhandenen ungeklärten, widerstrebenden und weltlichen Wünschen, Hoffnungen, Illusionen und Erwartungen. Wir wollen gegensätzliche Dinge gleichzeitig, die aber nicht zusammengehen können. Sind an manchen Stellen noch mit den Verlockungen den Welt konfrontiert, Leidenschaften und Wünsche sind nicht vollständig durch die bisherige spirituelle Entwicklung „ausgebrannt“. Und die göttliche Belohnung ist ja nicht sofort wie ein heilendes Pflaster an jeder Ecke da, wo und wie wir uns das wünschen. Verzicht tut in irgendeiner Hinsicht erst einmal weh.

    Wir müssen für unser spirituelles Vorankommen immer wieder Entscheidungen treffen, diese umsetzen, ausharren und durch diese durchgehen. Zu unserer Entscheidung stehen und sehen, wohin sie uns führt. Im Verzicht werden wir geprüft, ob wir zu unserer Entscheidung stehen, wie stark unsere Willensstärke und unser diesbezügliches Beharren ist. So kann uns im Verzichten der verzichtete Gegenstand oder Umstand plötzlich wieder wie das erstrebenswerteste Gut erscheinen, das wir nicht loslassen wollen. So werden wir im Verzicht geprüft. Wie weit wir uns letztlich wirklich in Gottes Hände und Führung begeben wollen und können. Warum? Weil wir nicht absehen können, wohin der Verzicht führt. Als Wegarbeiter sind wir kontinuierlich mit der Anforderung konfrontiert, uns nicht (zu lange) einzurichten. Das tun wir aber immer wieder, weil wir einen Zuwachs an Erkennen, Fähigkeiten und Freiheiten erlangen, der uns im Vergleich zu Nicht-Wegarbeitern ein höheres Maß an (subjektiver) Kontrolle über unser Leben, aber auch die Welt um uns gibt. Dieses höhere Maß an Kontrolle ist ein Faktum, eine Illusion und letztlich eine Herausforderung, die es immer wieder zu meistern gilt.

    Wir erleben beim Verzicht die Verwachsungen und Verwicklungen in unserer AP, die wir durch unsere diesbezügliche Entscheidung herausschneiden, auch an Stellen, wo wir es vielleicht nicht erwartet haben. Es kommen Dinge ins Rollen, Raum entsteht, das innere Gefüge muss sich neu tarieren und ausrichten. Und manche Verzichtsschritte stellen sich im Aushalten, Durchleben und im Ergebnis als viel weitreichender dar, als wir das anfangs absehen konnten. Sie führen uns weiter, ein weiterer Schritt hin zur Befreiung, wenn wir die Geburtsschmerzen an diesen Stellen so gut wie möglich ertragen, wissend, wofür wir es tun.

    Vielleicht gibt es auch eine Hierarchie des Verzichts: Verzichten, um selbst voranzukommen (keine negativen Umstände im eigenen Leben haben zu wollen), ist in Anfangszeiten eine ausreichende und weit verbreitete Motivation. Je weiter wir jedoch voranschreiten, umso mehr kommen wir dahin, nicht nur für uns selbst zu verzichten, sondern aus Liebe: Aus Liebe zu unserem Wahren Selbst, aus wahrer, göttlicher Liebe zu unseren Mitmenschen und Mitgeschöpfen, letztlich zu Gott, der sich darin überall zeigt.

    Wohin das alles führt? Wir wissen es noch nicht. Aber Gott führt uns. Und es wird gut.

  • #2

    C. (Sonntag, 02 Juni 2024 19:22)

    Gute Analyse! Eine kleine Ergänzung von meiner Seite zu "Verzicht tut in irgendeiner Hinsicht erst einmal weh." Es gibt auch Formen von Verzicht, in denen man von etwas Verzichtbarem, auf das man erstmal nicht verzichten konnte (und hier den Schmerz erfuhr), schließlich so genervt, abgestoßen, angeödet, ermüdet ist, dass der tatsächliche Verzicht ein jubilierender Schritt in die Freiheit ist und ganz und gar kein bisschen weh tut.

  • #3

    Diana (Sonntag, 02 Juni 2024 21:47)

    Danke, Clemens, für den Hinweis auf diese Möglichkeit.