Rechtfertigung 4

31 Der Geist kann sich nicht ruhig verhalten ohne den Leib noch die trennende Wand zwischen diesen beiden niederreißen ohne einsame Ruhe und Gebet.

32 Das Begehren des Fleisches richtet sich gegen den Geist und das Begehren des Geistes gegen das Fleisch. Die aber im Geist wandeln, erfüllen in keinem Fall das Begehren des Fleisches.

33 Es gibt kein vollkommenes Gebet ohne geistige Anrufung. Und wenn der Sinn ruft, ohne sich ablenken zu lassen, wird ihn der Herr erhören.

34 Wenn der Geist betet, ohne sich ablenken zu lassen, setzt er dem Herzen zu. Und ein zerschlagenes und gedemütigtes Herz wird Gott nicht verschmähen.

35 Auch das Gebet wird eine Tugend genannt, obwohl es die Mutter der Tugenden ist. Denn es bringt diese hervor durch die Verbindung mit Christus.

36 Was wir ohne Gebet und gute Hoffnung tun, ist später schädlich und vergeblich.

37 Wenn du hörst, daß die Letzten Erste und die Ersten Letzte sein werden, fasse diese als Teilhaber an den Tugenden und Teilhaber an der Liebe auf. Die Liebe nämlich ist der Reihenfolge nach die letzte Tugend, doch wird sie ihrer Bedeutung nach als die erste von allen erfunden und stellt jene, die vor ihr entstanden sind, als letzte hin.

38 Empfindest du Unlust, wenn du betest oder wenn du von Bosheit auf vielfache Weise bedrängt wirst, dann erinnere dich an den Tod und die schlimmen Strafen. Besser ist es jedoch, Gott in Gebet und Hoffnung anzuhangen, als äußerliche Erinnerungen anzustellen, auch wenn sie von Nutzen sind.

39 Keine der Tugenden öffnet für sich allein die Tür unserer Natur, wenn nicht alle verknüpft sind.

40 Nicht enthaltsam ist, wer sich mit Gedanken nährt. Denn auch wenn sie nützlich sind, so sind sie doch nicht nützlicher als die Hoffnung.

 

(aus Markos der Asket, 226 Kapitel über jene, die meinen, aus Werken gerechtfertigt zu werden)

 

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Kommentare: 1
  • #1

    R.G. (Sonntag, 19 September 2021 12:33)

    "36 Was wir ohne Gebet und gute Hoffnung tun, ist später schädlich und vergeblich."
    Das sehen wir überall in der Welt. Biologische Landwirtschaft, die industrialisiert wird; ohne Ende vegane Lebensmittel, die z. T. kreiert und mit hohem Aufwand und negativen Folgen für die Umwelt hergestellt werden; ökologische Kleidung, die sich ebenfalls dem Modediktat unterwirft und einen sich immer weiter steigernden Umsatz anstrebt...