226 Kapitel über jene, die meinen, aus Werken gerechtfertigt zu werden
- von Markos dem Asketen
1. Daß man auf das Äußerliche nicht vertrauen darf, wird im Folgenden von jenen erwiesen werden, die einen festen Glauben besitzen und die Wahrheit erkannt haben.
2 Der Herr wollte zeigen, daß wir ihm jedes Gebot schuldig sind, die Annahme an Sohnes Statt jedoch den Menschen durch sein eigenes Blut geschenkt worden ist. Darum sagte er: "Wenn ihr alles
getan habt, was euch aufgetragen ist, dann sprecht: 'Wir sind unnütze Sklaven; wir haben getan, was zu tun wir schuldig waren.'" Darum ist das Himmelreich nicht ein Lohn für Werke, sondern eine
Gnade des Herrn, welche für treue Sklaven bereitet ist.
3 Ein Sklave verlangt die Freiheit nicht als Lohn, sondern er ist dem Herrn wohlgefällig wie ein Schuldner und nimmt sie aus Gnade entgegen.
4 Christus starb gemäß den Schriften für unsere Sünden, und er schenkt denen, die ihm gut dienen, die Freiheit. Denn er sagt: "Wohlan, du guter und treuer Diener. Im Geringen warst du treu;
ich will dir Großes anvertrauen. Geh ein in die Freude deines Herrn."
5 Noch kein treuer Diener ist, wer sich einzig auf die Erkenntnis stützt. Vielmehr ist es der, welcher aus Gehorsam Christus, der ihm den Auftrag gab, treu ergeben ist.
6 Wer den Herrn hochachtet, tut, was ihm befohlen wird. Hat er aber gefehlt oder war er ungehorsam, erträgt er als das Seine, was auf ihn zukommt.
7 Liebst du das Wissen, dann liebe auch die Anstrengung. Die nackte Erkenntnis nämlich bläht den Menschen auf.
8 Die Versuchungen, welche unvorhergesehen über uns kommen, lehren uns gemäß dem Heilswalten Gottes, die Anstrengung zu lieben; und wenn wir nicht wollen, bringen sie uns zum
Sinneswandel.
9 Die Bedrängnisse, die den Menschen widerfahren, sind Nachkommen ihrer eigenen Missetaten. Wenn wir sie aber im Gebet ertragen, werden wir wieder mit guten Verhältnissen bedacht.
10 Manche werden - ihrer Tugend wegen gelobt - angenehm berührt und halten die Freude ihrer eitlen Ehrsucht für Trost. Andere empfinden - ihrer Sünde überführt - Schmerz und glauben, die
nützliche Betrübnis sei eine Wirkung der Bosheit.
11 Jene, welche sich mit dem Vorwand ihrer Kämpfe über die weniger Eifrigen erheben, glauben allesamt, sie würden aus fleischlichen Werken gerechtfertigt. Wir alle aber, die wir uns einzig
auf die Erkenntnis stützen und die Unwissenden abwerten, sind viel unverständiger als diese.
12 Ohne die entsprechenden Taten ist die Erkenntnis noch nicht gefestigt, auch wenn sie wahr ist. Denn die Festigkeit jeder Angelegenheit besteht in der Tat.
13 Oft wird durch die Nachlässigkeit gegenüber der Tat auch die Erkenntnis verdunkelt. Hat man nämlich die Verwirklichung einer Sache gänzlich unbeachtet gelassen, wird auch die Erinnerung
daran Stück für Stück entschwinden.
14 Die Schrift legt uns deshalb ans Herz, Gott erkenntnismäßig zu kennen, damit wir ihm in rechter Weise durch unsere Taten dienen.
(aus Markos der Asket, 226 Kapitel über jene, die meinen, aus Werken gerechtfertigt zu werden)
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