Geistiges Gesetz 16

142 Sag nicht: "Es kommt, ohne daß ich es will!" Denn ganz gewiß hast du, wenn auch nicht an der Sache selbst, dann doch an ihren Ursachen Gefallen.

143 Wer Lob sucht, befindet sich in der Leidenschaft. Und wer herangekommene Bedrängnisse bejammert, liebt das Vergnügen.

144 Wie auf einem Waagebalken schwankt der Sinn dessen, der dem Vergnügen ergeben ist. Einmal weint er und klagt der Sünden wegen, und einmal kämpft er gegen den Nächsten und widersetzt sich ihm, da er die Vergnügungen verfolgt.

145 Wer alles prüft und das Gute behält, wird sich folglich von allem Schlechten enthalten.

146 Ein langmütiger Mensch ist groß in der Einsicht. Ebenso auch, wer sein Ohr Worten der Weisheit zugeneigt hat.

147 Getrennt vom Gedenken Gottes kann Erkenntnis nicht wahr sein. Denn ohne das erstere ist letztere unecht.

148 Dem Hartherzigen nützt ein Wort nicht unkluger Erkenntnis. Denn ohne Furcht nimmt er die Mühen der Umkehr nicht auf sich.

149 Dem Sanftmütigen ist ein aufrichtiges Wort von Vorteil. Denn er stellt nicht die Langmut Gottes auf die Probe und wird nicht durch gewaltige Verfehlung verwundet.

 

(aus Markos der Asket, Zweihundert Kapitel über das geistige Gesetz)

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Kommentare: 2
  • #1

    Ruth Finder (Montag, 26 Juli 2021 20:51)

    Wie Faust aufs (Auge) 148 ^^:

    Vielleicht

    Einer der Aufklärer, ein sehr gelehrter Mann, der von Berditchewer gehört hatte, suchte ihn auf, um auch mit ihm, wie er es gewohnt war, zu disputieren und seine rückständigen Beweisgründe für die Wahrheit seines Glaubens zuschanden zu machen. Als er die Stube des Zaddiks betrat, sah er ihn mit einem Buch in der Hand in begeistertem Nachdenken auf und nieder gehen. Des Ankömmlings achtete er nicht. Schließlich blieb der Zaddik stehen, sah ihn flüchtig an und sagte: "Vielleicht ist es aber wahr." Der Aufklärer nahm vergebens all sein Selbstgefühl zusammen - ihm schlotterten die Knie, so furchtbar war der Rabbi anzusehen, so furchtbar sein schlichter Spruch zu hören. Rabbi Levi Jizchak aber wandte sich ihm nun völlig zu und sprach ihn gelassen an: "Mein Sohn, die Großen der Thora, mit denen du gestritten hast, haben ihre Worte an dich verschwendet, du hast, als du gingst, darüber gelacht. Sie haben dir Gott und sein Reich nicht auf den Tisch legen können, und auch ich kann es nicht. Aber, mein Sohn, bedenke, vielleicht ist es wahr." Der Aufklärer bot seine innerste Kraft zu Entgegnung auf; aber dieses furchtbare "Vielleicht", das ihm Mal um Mal entgegenklang, brach seinen Widerstand."

  • #2

    R.G. (Montag, 26 Juli 2021 21:27)

    Zu #1:
    Ja RuFi, oder wie der Russe sagt:
    "Wie das Fäustchen auf's Äugelchen.'
    ^^