Geistiges Gesetz 14

120 Schlimmer als solche, die vor aller Augen Unrecht tun, ist der, welcher heimlich Böses tut. Eben deshalb wird er auch  schlimmer bestraft.

121 Der Ränkeschmied und heimliche Bösewicht ist nach der Schrift eine Schlange, die auf der Straße sitzt und dem Pferd in die Fessel beißt.

122 Wer im gleichen Augenblick den Nächsten in gewissen Dingen lobt und in gewissen tadelt, der wird von eitler Ehrsucht und Neid beherrscht. Durch das Lob versucht er, den Neid zu verbergen, und durch den Tadel macht er sich besser als den anderen.

123 Wie es nicht möglich ist, gleichzeitig Schafe und Wölfe zu weiden, ist es unmöglich, daß jemand Barmherzigkeit erhält, der seinen Nächsten hintergeht.

124 Wer der Anordnung eines Vorgesetzten heimlich seinen eigenen Willen beimengt, ist ein Ehebrecher, wie er in der Weisheit dargestellt ist, und durch Mangel an Einsicht muß er Schmerzen und Schande ertragen.

125 Wie sich Feuer und Wasser nicht vertragen, so widerstreben einander Rechtfertigung und Demut.

126 Wer Vergebung der Sünden sucht, liebt die Demut. Doch wer den anderen verurteilt, besiegelt seine eigenen Missetaten.

127 Übergehe keine Sünde, welche noch nicht getilgt ist, mag sie auch noch so gering sein, damit sie dich nicht später zu größeren Missetaten hinreißt.

128 Willst du gerettet werden, dann liebe ein wahres Wort und weise niemals Zurechtweisung unterschiedlos von dir.

129 Ein Wort der Wahrheit verwandelte Natterngezücht und wies es an, dem kommenden Zorn zu entgehen.

130 Wer Worte der Wahrheit annimmt, nimmt das göttliche Wort auf. Es spricht ja: "Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf."

131 Der Gelähmte, welcher durch das Dach hinuntergelassen wurde, ist ein Sünder, der von Gläubigen dem Willen Gottes gemäß als Sünder überführt wird und durch ihren Glauben die Vergebung erlangt.

132 Es ist besser, in Gottesfurcht für den Nächsten zu beten, als ihn bei jeder Sünde zurechtzuweisen.

 

(aus Markos der Asket, Zweihundert Kapitel über das geistige Gesetz)

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Kommentare: 8
  • #1

    R.G. (Dienstag, 13 Juli 2021 19:31)

    Was fällt euch zu #131 ein, Freunde?

  • #2

    C. (Dienstag, 13 Juli 2021 20:16)

    zu 131: Mein Tipp wäre, davon auszugehen, dass nicht einem Gelähmten unterstellt wird, er sei ein Sünder, weil er ja gelähmt sei - und der antiken Vorstellung entsprechend quasi selbst schuld - sondern umgekehrt den Gelähmten als einen zu sehen, der seine Schuld quasi nicht verbergen kann, wie man ja eine Lähmung auch nicht wirklich verbergen kann. Das dürfen/sollen die "Gläubigen" benennen - und zwar in der Gewissheit, dass Vergebung/Heilung/Umkehr möglich ist.

  • #3

    R.G. (Dienstag, 13 Juli 2021 22:04)

    Wie gesagt bin ich nicht bibelfest, deshalb war ich ganz aufgeregt, dieses zu finden.^^ Er nimmt wohl Bezug auf folgendes:
    "Die Heilung eines Gelähmten

    Mk 2,1Als er einige Tage später nach Kafarnaum zurückkam, wurde bekannt, dass er (wieder) zu Hause war.Mk 2,2Und es versammelten sich so viele Menschen, dass nicht einmal mehr vor der Tür Platz war; und er verkündete ihnen das Wort.Mk 2,3Da brachte man einen Gelähmten zu ihm; er wurde von vier Männern getragen.Mk 2,4Weil sie ihn aber wegen der vielen Leute nicht bis zu Jesus bringen konnten, deckten sie dort, wo Jesus war, das Dach ab, schlugen (die Decke) durch und ließen den Gelähmten auf seiner Tragbahre durch die Öffnung hinab.Mk 2,5Als Jesus ihren Glauben sah, sagte er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!Mk 2,6Einige Schriftgelehrte aber, die dort saßen, dachten im Stillen:Mk 2,7Wie kann dieser Mensch so reden? Er lästert Gott. Wer kann Sünden vergeben außer dem einen Gott?Mk 2,8Jesus erkannte sofort, was sie dachten, und sagte zu ihnen: Was für Gedanken habt ihr im Herzen?Mk 2,9Ist es leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Deine Sünden sind dir vergeben!, oder zu sagen: Steh auf, nimm deine Tragbahre und geh umher?Mk 2,10Ihr sollt aber erkennen, dass der Menschensohn die Vollmacht hat, hier auf der Erde Sünden zu vergeben. Und er sagte zu dem Gelähmten:Mk 2,11Ich sage dir: Steh auf, nimm deine Tragbahre, und geh nach Hause!Mk 2,12Der Mann stand sofort auf, nahm seine Tragbahre und ging vor aller Augen weg. Da gerieten alle außer sich; sie priesen Gott und sagten: So etwas haben wir noch nie gesehen.

  • #4

    C. (Mittwoch, 14 Juli 2021 09:00)

    Ja, genau. Varianten finden sich bei Lukas ab 5,17 und Matthäus ab 9,2. Und was macht dich da so aufgeregt?

  • #5

    Ruth Finder (Mittwoch, 14 Juli 2021 10:29)

    Mit einiger Fantasie, versuche ich #131 folgendermaßen auseinanderzuklamüsern:

    - Ein Weggefärte hat/macht Schwiergkeiten, verirrt sich, weißt nicht weiter - ist in diesem Sinne ein "Gelähmter". Er ist momentan offensichtlicher als die anderen in der Gruppe mit Fehlern behaftet/ ist sozusagen"ein Sünder".

    - Seine Weggefährten verurteilen ihn nicht nach den eigenen Maßstäben/ nach ihren Willen, sondern verstehen Zusammenhänge von der göttlichen Wirkungsweise (Gesetz des freien Willens, Karma, Gnade) - er wird eben "von Gläubigen dem Willen Gottes gemäß als Sünder überführt". Also die Betonung liegt hier auf "dem Willen Gottes gemäß".

    - Die Weggefährten versuchen dem "Sünder" in schwierigen Situationen zu helfen; sie unterstützen ihn nach Möglichkeit. Manchmal ist es mühsam und erfordert ungewöhnliche Wege (es geht nicht durch die Tür), aber sie machen das, auch wenn er zu seinem Glück "durch das Dach hinuntergelassen wird".

    - Durch diese Unterstützung, durch dieses Mit-Tragen ("durch ihren Glauben") könnte der Weggefährte aus der verfahrenen Situation wieder herausfinden und den Weg weiter gehen (Er "erlangt die Vergebung").

  • #6

    Linda (Mittwoch, 14 Juli 2021 11:32)

    #122 Liegt hier die Betonung auf „im gleichen Augenblick“? Und warum ist das so? Grundsätzlich ist das doch ein guter Weg, wenn man nicht nur unter die Nase gerieben bekommt, was man alles falsch macht...

  • #7

    Ruth Finder (Mittwoch, 14 Juli 2021 14:59)

    Ein anderer Ansatz zu 122:

    Ich würde für mein Verständnis die Betonung bei "gewissen Dingen" verorten. Das könnte nämlich bedeuten: Wie es einem aufgrund seiner Defizite/ seines schlechten (?) Gewissens (!) gerade passt.

    Dass man es unter diesem Vorzeichen schafft, Lob und Tadel gleichzeitig in einem Augenblick auszusprechen, zeugt von der inneren Widersprüchlichkeit.

  • #8

    R.G. (Mittwoch, 14 Juli 2021 20:23)

    Zu #122
    Ich denke, das Eine zieht sofort das Andere nach sich.
    Wenn ich neidisch bin und nicht will, dass es jemand merkt, verstecke ich es hinter einem Lob. Dieses Lob allerdings piekt mein Ego, zeigt also meinen Hang zu eitler Ehrsucht oder löst diese gar aus und ich reagiere mit einem flotten Tadel. Eine dynamische Einheit. Ob das so ist oder ich ganz uneigennützig nur eine gutgemeinte Kritik etwas verträglicher an den Mann oder die Frau bringen will, muss ich wie immer durch Innenschau und Selbstanalyse herausfinden.