Der Schöpfer Geist I

DER SCHÖPFER GEIST

Überall, wo etwas schöpferisch hervorgeht, sich bildet oder gestaltet wird, nicht nur in der Natur, sondern auch im Wesen und Werden, Wirken und Schaffen des Menschen ist Gottes Geist am Werke, der Geist des Schöpfers.

Ein Mensch kann sich nichts nehmen, es werde ihm denn gegeben vom Himmel.

Goethe sagt: "Jede Produktivität höchster Art, jedes bedeutende Aperçu, jede Erfindung, jeder große Gedanke, der Früchte bringt, steht in niemandes Gewalt und ist über aller irdischen Macht erhaben.

Dergleichen hat der Mensch als unverhoffte Geschenke von oben, als reine Kinder Gottes zu betrachten, die er mit freudigem Dank zu empfangen und zu verehren hat.

In solchen Fällen ist der Mensch oftmals als ein Werkzeug einer höheren Weltregierung zu betrachten, als ein mündig befundenes Gefäß zur Aufnahme eines göttlichen Einflusses."

Die allgemeine Anschauung der Menschen mengt, wenn es sich um menschliche Erzeugnisse handelt, Gottes Geist und Menschengeist, Gotteskraft und Menschenkraft verwirrend und verblendend durcheinander.

Sobald man einem hervorragenden Werk oder einer göttlichen Tat gegenübersteht, erklärt man sie als göttlich, aber sieht im Menschen den Urheber und feiert sein Verdienst.

Das tun Gläubige und Ungläubige. Der "gottbegnadete Künstler", die "Diva" wird in den Himmel gehoben und schwimmt selbst in Größenwahn und Eitelkeit.

Unser Geist ist aber nur die Membrane für die tiefe Bewegung in der Seele, die der Hauch Gottes, der aus der Fülle der Erscheinungen und Vorgänge uns trifft, hervorruft.

Wenn wir aber für den Geist Gottes empfänglich sind, der uns vielleicht noch aus dem Satz eines Buches oder Vortrags berührt, so verharrt unser Innerstes in der gespannten Aufnahme des Eindrucks, der Same keimt und geht auf.

Er entfaltet Stengel und Halm, bringt Blüten und Früchte, ganz von selbst.

Häufig kommt es auch vor, daß solch ein Same in uns fällt, ohne daß wir es beachten und merken.

Es ist, als ob der Eindruck durch unser Bewußtsein durchgeschlagen wäre bis in eine unbekannte Tiefe unseres Wesens.

Dann aber geht er zu seiner Zeit auf und entfaltet sein eigentümliches Wesen, selbständig, selbsttätig, ganz spontan.

Doch wir haben ihn nicht geschaffen, sondern er ist nur auf unserm Acker gewachsen.

Aber empfangen haben wir ihn von Gott.

 

(aus Johannes Müller, "Das Urgeheimnis")

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Kommentare: 1
  • #1

    R.G. (Dienstag, 11 Mai 2021 17:34)

    Wir haben also nur eines zu tun:
    Den Acker beständig bestmöglich zu bereiten...