Gotteserkenntnis IV

Gewiß soll unser Geist aufnehmen, mit was und soweit sie ihn erleuchtet, aber mit der Ehrfurcht, Demut und Hingabe, die ihm geziemt und ihm unmöglich machen muß, sich unangemessen daran zu vergreifen.

Glauben kann man nicht mitteilen, wie man ja überhaupt keine Fähigkeiten mitteilen kann.

Wir können sie höchstens wecken.

Genau so ist es beim Glauben.

Darum kann nur Gott ihn wecken.

Die Bibel enthält Denkmäler und Urkunden von Menschen, die Gott wirklich kannten, weil sie ihn tatsächlich erlebt hatten. Deshalb ist sie zweifellos von ungeheurem Wert für jeden, der nach Gott fragt.

Darum ist es mir auch sehr wichtig, daß sie keinen anderen Weg für die Erkenntnis Gottes kennt als den Weg der Erfahrung, oder von der anderen Seite gesehen, als den Weg der Selbstmitteilung und Selbstoffenbarung Gottes.

Paulus beruft sich bei seinen Gemeinden immer wieder auf ihre Erfahrung, z. B.: Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.

Aber ohne echten, lebendigen Glauben helfen uns alle Denkmäler und Urkunden der lebendigen Gotteserkenntnis in der Bibel nichts.

"Mit sehenden Augen sehen sie nicht und mit hörenden Ohren hören sie nicht; denn sie verstehen es nicht." wenn er nicht Gott unter dem Lesen oder sonst im Leben erfahren hat.

Man mag die Bibel voll Ehrfurcht und Aufmerksamkeit lesen, aber soll sich in Demut und Dankbarkeit bei dem bescheiden, was einem von selbst aufgeht, und dafür sorgen, daß es ins Leben tritt, das andere aber, was verhüllt bleibt, in seiner Verborgenheit respektieren und nicht durch eigene Gedanken hineindringen wollen.

Dann leuchtet es uns vielleicht hier und da im Leben auf, wenn wir es am wenigsten erwarten.

Die Empfänglichkeit (für Gottes Offenbarung) hat mit geistiger Begabung und Bildung garnichts zu tun.

Jesus sagt: "Ich preise dich, Herr des Himmels und der Erden, daß du solches den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart."

"Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme." "Selig sind, die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen."

Hier gilt: "Den Aufrichtigen läßt es Gott gelingen und den Demütigen gibt er Gnade."

Gotteserkenntnis hat es mit Tatsachen zu tun und nicht mit Wahrheiten, mit Sein und Geschehen, Anlagen und Bestimmungen, Lebensgesetzen und Lebensmöglichkeiten, mit Schöpfung und Verfassung, Erlösung und Entfaltung, Werden und Verfallen, Sterben und Wiedergeburt als wirklichen Vorgängen aber nicht mit Theorien, Auffassungen, Deutungen, Erklärungen.

Es gibt keine Wahrheit, sondern nur Wahn über Jesus.

Aber er ist sie und nur der erkennt sie, in dem er Gestalt gewinnt.

 

(aus Johannes Müller, "Das Urgeheimnis")

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