Gott VII

Wir lernen seine Gnade, seine Liebe, sein Erbarmen, seine Vorsehung, seine Führung, seine Fürsorge und Schickung kennen wie sie ist, d. h. wie sie wirksam ist.

Und sie ist grundanders, als es die religiösen Lehren den Menschen vorstellen und die gläubigen Gemüter sich einbilden.

Wir kommen dahinter, was Sünde ist und begreifen nicht mehr, wie man das mit Unsittlichkeit in eins setzen kann.

Wir erfuhren das „Wort von Gott", indem wir von ihm lebten, als es an uns durch Lebensansprüche und Ereignisse gerichtet wurde.

Genau dasselbe gilt aber von jedem „Wort von Gott", das jemals an Menschen erging.

Die geistige Fassung ist immer menschlich, allzu menschlich, ist immer die Schale, die den Kern verbirgt.

Sie muß erst durch seine Keimkraft gesprengt werden, wenn es uns aufgehen soll im Sinn und im Leben. Aber das geschieht nicht durch geistige Beschäftigung damit, sondern durch den unmittelbaren Einfluß des Lebens, durch das uns Gott beschenkt.

So verhält es sich auch mit der Verkündigung Jesu.

Sie war keine Lehre theoretischer Art, sondern Mitteilung von praktischen Dingen: eine Proklamation vom Kommen des Reiches Gottes, Zeugnis von der Wirksamkeit Gottes auf die Menschen, Aufklärung über die Tatsachen und Gesetze einer neuen Art Leben und Werden, Anweisung des Weges, der zum Leben führt - alles ein Wissen um Gott, um die Vergebung der Sünden und die Rettung der Menschheit, das Jesus erfahren hatte gegenüber der Theologie und Frömmigkeit seiner Zeit.

„Wir reden, was wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen haben."

 

(aus Johannes Müller, "Das Urgeheimnis")

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