Zuallererst also müssen wir gegen den Geist der Traurigkeit kämpfen, um ihn von unserem Herzen zu vertreiben, ihn, der die Seele in die Verzweiflung stürzt. Dieser nämlich gestattete dem Kain nicht, seinen Sinn zu ändern, und ebensowenig dem Judas nach dem Verrat des Herrn. Wir wollen uns allein in jener Traurigkeit üben, welche sich im Verein mit guter Hoffnung einstellt, um uns zur Sinnesänderung bezüglich unserer Verfehlungen zu führen. Von ihr sagt der Apostel: "Die gottgefällige Traurigkeit bewirkt Sinnesänderung zum Heil, welche nicht bereut zu werden braucht." Denn die gottgefällige Traurigkeit nährt die Seele mit der Hoffnung der Sinnesänderung und ist daher mit Freude verbunden. Darum macht sie den Menschen auch geneigt und gehorsam zu jedem guten Werk, sie macht ihn zugänglich, demütig, sanftmütig, langmütig im Ertragen von Bosheit, jeder guten Anstrengung und der Zerknirschung gegenüber geduldig - alles ganz offensichtlich Gott wohlgefällige Dinge. Aus diesem Grund kann man somit in diesen Menschen schließlich die Früchte des Heiligen Geistes erkennen, das heißt Freude, Liebe, Friede, Langmut, Güte, Treue und Selbstbeherrschung. Aus der entgegengesetzten Traurigkeit nämlich erkennen wir die Früchte des bösen Geistes. Es sind Unlust, Ungeduld, Zorn, Haß, Widerspruch, Verzweiflung und Trägheit im Gebet. Dieser Traurigkeit müssen wir genauso aus dem Weg gehen wie der Unzucht, der Habsucht, dem Zorn und den übrigen Leidenschaften. Sie wird geheilt durch Gebet, durch die Hoffnung auf Gott, durch Betrachtung der göttlichen Worte und durch das Zusammenleben mit frommen Menschen.
(Johannes Cassianus der Römer, "Über die acht Gedanken der Lasterhaftigkeit")
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