Neuentdeckungen (Ruth Finder)

Ich habe ein Büchlein von Martin Buber in die Hand bekommen - "Die Legende des Baalschem".

In den ersten vier Kapiteln entdeckte ich einige Geschichten und Sprüche, die ich noch nicht aus Bubers sehr umfassenden Werk "Erzählungen der Chassidim" kannte.

Drei von diesen Neuentdeckungen haben mich beeindruckt.



Aus dem Kapitel "Hitlahawut: Von der Inbrunst":

(...) Aber die höchste Stufe, von der berichtet wird, ist die, auf der der Entrückte der eigenen  Inbrunst entgleitet. Als ein Schüler einmal eines Zaddiks "Erkalten" bemerkte und tadelte, wurde er von einem anderen belehrt: "Es gibt ein sehr hohes Heiligtum; wenn man dahin kommt, wird man alles Wesens los und kann nicht mehr entbrennen." So vollendet sich die Inbrunst in der eigenen Aufhebung.

(...) Von der Hitlahawut (Inbrunst) redet ein chassidischer Meister in Worten des Geheimnisses: "Die Schöpfung des Himmels und der Erde ist die Entfaltung des Etwas aus dem Nichts, das Hinabsteigen des Oberen in das Untere. Aber die Heiligen, die sich vom Sein ablösen und Gott immerdar anhangen, die sehen und erfassen ihn in Wahrheit, als wäre das Nichts wie vor der Schöpfung. Und dies ist das Wunderbarere: das Untere emporzubringen. Wie geschrieben steht in der Gemara: Größer ist das letzte Wunder als das erste."


Aus dem Kapitel "Awoda: Von dem Dienst":

Es wird erzählt, der Baalschem sei einmal an der Schwelle eines Bethauses stehen geblieben, habe nicht eintreten wollen und habe im Widerwillen gesprochen: "Da kann ich nicht hinein. Das Haus ist ja randvoll von Lehre und Gebet." Und als sich die Begleiter verwunderten, weil ihnen schien, es könne kein größeres Lob geben als dies, deutete er ihnen: "Die Worte, die hier von den Leuten tagsüber ohne die wahre Andacht, ohne Liebe und Barmherzigkeit gesprochen werden, haben keine Flügel. Sie bleiben zwischen den Mauern, sie hocken am Boden, sie breiten sich Schicht auf Schicht wie moderndes Laub, bis der Mulm das Haus vollgestopft hat und für mich darin kein Platz mehr ist."

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