Wollen wir also der Vorschrift des Evangeliums und jener ganzen Kirche folgen, die von Anfang an auf die Apostel gegründet wurde, so wollen wir uns nicht von den unsrigen Anschauungen
bestimmen lassen, noch wollen wir das gut Gesagte in schlechter Weise verstehen. Wir wollen vielmehr unsere laue und mißtrauische Haltung von uns werfen und die genaue Befolgung des Evangeliums
auf uns nehmen. Denn so wird es uns möglich sein, den Fußstapfen
der Väter zu folgen, uns niemals von der Zucht des Klosterlebens zu entfernen und in Wahrheit dieser Welt zu entsagen.
So ist es denn auch gut, hier ebenfalls ein Wort eines Heiligen anzuführen. So sagt man also, der heilige Basileios, der Bischof von Caesarea in Kappadokien, habe etwa folgendes Wort zu einem
Senator gesprochen, der sich nur lau von der Welt losgesagt und etwas von seinem Vermögen bei sich zurückbehalten hatte: "Du hast zwar den Senator zugrunde gerichtet, doch ihn nicht zum Mönch
gemacht."
Wir müssen also mit allem Eifer aus unserer Seele die Wurzel aller Übel herausreißen, welche die Habsucht ist - aus der sicheren Erkenntnis heraus, daß die Triebe leicht wachsen, falls die
Wurzel bleibt. Es ist aber schwer, diese Tugend zu verwirklichen, wenn man nicht im Kloster lebt, denn darin sind wir sogar über die notwendigen Bedürfnisse ohne Sorge. Die Verurteilung des
Ananias und der Saphira vor Augen, wollen wir davor zurückschrecken, für uns etwas von unserem früheren Vermögen zurückzubehalten. In gleicher Weise in Furcht versetzt über das Beispiel des
Gehasi, der wegen seiner Habsucht dem ständigen Aussatz überantwortet wurde, wollen wir uns hüten, uns Habseligkeiten anzusammeln, die wir nicht einmal in der Welt besaßen. Und indem wir dazu
nicht zuletzt das Ende des Judas durch den Strick bedenken, wollen wir uns davor fürchten, etwas von jenen Dingen wieder an uns zu nehmen, die wir durch unsere Entsagung einmal verachtet haben.
Bei alledem wollen wir stets die Ungewißheit des Todes vor Augen haben, damit unser Herr nicht zu einer Stunde kommt, zu der wir es nicht erwarten, und er unser Gewissen mit der Habsucht befleckt
vorfindet. Er wird zu uns dann sprechen, was im Evangelium jenem Reichen gesagt wurde: "Du Tor! In dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann gehören, was du angehäuft
hast?"
(Johannes Cassianus der Römer, "Über die acht Gedanken der Lasterhaftigkeit")
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