23 Kapitel - 13-14

Über die eitle Ehrsucht

13 Als einziger unter den Gedanken ist jener der eitlen Ehrsuch auf viele Gegenstände gerichtet; er umfaßt beinahe den ganzen Erdkreis und öffnet allen Dämonen heimlich das Tor wie jemand, der ein gemeiner Verräter einer Stadt geworden ist. Darum demütigt er auch den Geist des Anachoreten nicht wenig, indem er ihn mit vielen Erwägungen und Gegenständen anfüllt und sein Gebete untergräbt, durch die er alle Wunden seiner Seele zu heilen beabsichtigt.


Diesen Gedanken fördern alle Dämonen zugleich, falls sie eine Niederlage einstecken mußten, und durch ihn erhalten sie alle wiederum Eintritt in die Seelen. So bewirken sie, daß es am Ende schlimmer steht als am Anfang. Aus diesem Gedanken wird auch der des Hochmuts geboren, welcher das Siegel der Gottes-Ebenbildlichkeit und den Kranz der Schönheit vom Himmel auf die Erde herabgeschleudert hat. Doch nimm schleunigst von ihn Reißaus und säume nicht, damit wir nicht anderen unser Leben ausliefern und unser Dasein Unbarmherzigen überlassen.

Dieser Dämon wird vertrieben durch inbrünstiges Gebet und da durch, daß man nichts freiwillig tut oder sagt, was zur verfluchten eitlen Ehrsucht beiträgt.


14 Erlangt der Geist der Anachoreten ein geringes Maß an Leidenschaftslosigkeit, so erwirbt er sich das Pferd der eitlen Ehrsucht, reitet sogleich durch die Städte und schlägt sich maßlos den Bauch voll mit dem Lob das die Frucht seines Rühmens ist.

Ist ihm dann im Rahmen des göttlichen Heilswirkens der Geist der Unzucht entgegengezogen und hat er ihn in einen seiner Schweineställe gesperrt, lehrt er ihn, das Bett nicht mehr vor der vollständigen Genesung zu verlassen und auch die zuchtlosen Kranken nicht nachzuahmen. Auch wenn sie noch Reste der Erkrankung mit sich umhertragen, begeben sie sich vorzeitig auf die Straßen und in die Bäder und fallen in die Krankheiten, die von ihrer Abkehr vom Krankenbett herrühren.

Genau daher wollen wir uns vielmehr hinsetzen und bei uns darauf achten, daß wir in der Tugend voranschreiten und so zur Schlechtigkeit schwer zu bewegen sind; daß wir in der Erkenntnis wieder angeregt werden und so eine Fülle mannigfacher Betrachtungen geschenkt bekommen, daß wir von neuem erhoben werden und so das Licht unseres Erlösers klarer schauen.

 

(Evagrios Pontikos - 23 Kapitel über die Unterscheidung der Leidenschaften und Gedanken 13-14)

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