Angeln

Der alte Mönch sitzt am See mit einer Angel. Ein Novize kommt hinzu und fragt, was er dort fangen will. Es entwickelt sich ein langes Gespräch über Religion und den richtigen Weg, über Anstrengungen und Leiden, über Freuden und unverhofftes Glück. Nach zwei Stunden bittet der Novize den alten Mönch, doch einmal die Angel herauszuziehen, um zu sehen, ob etwas angebissen hat. Er tut es, und am Ende der Schnur zeigt sich ein gerade gebogener Angelhaken.

 

(Zen-Geschichte)

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Kommentare: 4
  • #1

    Ruth Gabriel (Samstag, 28 November 2020 20:58)

    Vollständig eintauchen in den See des Lebens; auf- und ausgerichtet, sodass wir an nichts hängen bleiben.
    Eigentlich ganz einfach...

  • #2

    Simon (Samstag, 28 November 2020 23:38)

    Fischen, nicht fangen.

  • #3

    Simon (Samstag, 28 November 2020 23:45)

    Fischen:
    Ein Zen-Schüler fragte seinen Meister: „Was ist das Wichtigste im Zen?“ „Aufmerksamkeit“, erwiderte der Meister. „Ach, vielen Dank“, sagte der Schüler. „Aber kannst du mir das Zweitwichtigste verraten?“ Und der Meister antwortete: „Aufmerksamkeit“.

    Fangen:
    Ein junger Mann suchte einen Zen-Meister auf. „Meister, wie lange wird es dauern, bis ich Befreiung erlangt habe?“ „Vielleicht zehn Jahre“, entgegnete der Meister. „Und wenn ich mich besonders anstrenge, wie lange dauert es dann?“, fragte der Schüler. „In dem Fall kann es zwanzig Jahre dauern“, erwiderte der Meister. „Ich nehme aber wirklich jede Härte auf mich. Ich will so schnell wie möglich ans Ziel gelangen“, beteuerte der junge Mann. „Dann“, erwiderte der Meister, „kann es bis zu vierzig Jahre dauern.“

  • #4

    K (Sonntag, 29 November 2020 09:55)

    Mir fiel dazu ein: "Es kommt nicht nur darauf an, was man tut, sondern wie man etwas tut."
    Je weiter ein Mensch auf dem spirituellen Weg fortgeschritten ist, desto mehr wird er darauf bedacht sein, mit seinem Tun keinem Lebewesen unnötig zu schaden oder es zu töten und der Um- oder Mitwelt möglichst wenig zu schaden.

    Vielleicht war die eigentliche Absicht des Mönchs, am See zu sitzen und sich bereit zu halten dafür, dass jemand vorbei kommt, der mit ihm sprechen möchte und das "Angeln" nur eine Tarnung, um nicht aufzufallen.

    Das Sitzen am See als Sinnbild der aufmerksamen Beobachtung des äußeren und inneren (eigene Gedanken und Emotionen) Lebens, ohne sich darin zu verhaken.

    Der gerade Haken als Sinnbild der Abwesenheit einer egoistischen Absicht: Man will "nichts mehr für sich herausziehen" zum Schaden eines anderen Lebewesens.