
Wie die Demut des Wüstenvaters von ihrem Gegenbild, dem Hochmut, so gewinnt seine Freude ihr Profil von der Traurigkeit. Mit diesem Stichwort ist jedoch nicht sosehr der Schmerz über einen bestimmten Verlust oder ein Scheitern gemeint, als vielmehr ein bleibender Zustand der Lustlosigkeit und Langeweile, Teilnahmslosigkeit und des Überdrusses an allem. Das dafür verwendete lateinische Stichwort heißt »acedia« und deckt sich mit dem griechischen »Apathie«. Diese verzweifelt-müde Traurigkeit wurde von Gregor dem Großen unter die sieben Hauptsünden gerechnet.
Ihr Gegenstück, die christliche Freude, die ruhige Heiterkeit unserer Wüstenväter, gegründet auf Arbeit und Gebet, ist eine Erscheinungsform des Mutes, des inneren Gleichgewichts, das
Anzeichen von Freiheit. »Die Heiterkeit ist weder Tändelei noch Selbstgefälligkeit, sie ist höchste Erkenntnis und Liebe, ist Bejahen aller Wirklichkeit, Wachsein am Rande aller Tiefen und
Abgründe, ist eine Tugend der Heiligen und Ritter; sie ist unzerstörbar und nimmt mit dem Alter und der Todesnähe nur immer zu.« (Hermann Hesse)
(Gerd Heinz-Mohr in "Weisheit aus der Wüste")
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Ruth Gabriel (Donnerstag, 15 Oktober 2020 05:43)
Evagrius:
„Der Überdruss ist eine gleichzeitige, lang andauernde Regung von Zornmut und Begehren, wobei der erstere über das Vorhandene wütend ist, das letztere aber sich nach dem nicht Vorhandenen sehnt.
Durch die Gedanken bekämpfen uns die Dämonen, indem sie bisweilen das Begehren anregen, bisweilen den Zornmut, und dann wieder zur gleichen Zeit Zornmut und Begehren, wodurch der sogenannte komplexe Gedanke entsteht.[8]
Während die anderen Dämonen nur einen Teil der Seele berühren, so umgibt der Mittagsdämon die ganze Seele und erstickt den Intellekt. (Pr 36)“
Ruth Gabriel (Donnerstag, 15 Oktober 2020 05:45)
Wikipedia:
"Bunge führt unter Bezugnahme auf Evagrios verschiedenartige acedische Ausformungen an. Das erste und sicherste Anzeichen ist demnach eine „innere Unrast“, die sich z. B. darin äußert, dass der Lebenspartner, die Gesellschaft unserer Freunde, der erlernte Beruf oder der angestammte Wohnort als die scheinbare Ursache großer Unzufriedenheit angesehen werden. Daraus ergibt sich auch der Drang zu Reisen als altes Antimelancholikum.
Weiter finden sich nach Bunge folgende Anzeichen:
Ablenkung und Zerstreuung (der für die Acedia so charakteristische Drang nicht nur allgemein nach Abwechslung, sondern speziell nach menschlicher Gesellschaft)Die Furcht vor körperlichen ErkrankungenDie Mitmenschen werden für das eigene Unglück verantwortlich gemacht (Täuschung und Selbsttäuschung führen Menschen in die Irre, weil ihnen der wahre Charakter ihrer Depression verborgen geblieben ist. Als Wurzel aller Übel wird bei Evagrios die „Selbstverliebtheit“ genannt)Vorgetäuschte Tugendwerke (ein oftmals karitativer Aktivismus, um den inneren Stillstand und die eigene Leere zu verbergen)Verdrossenheit und Minimalismus bei der spirituellen PraxisZweifel an der Echtheit der eigenen Berufung oder Lebensform[12]
Theologisch wird die Haltung der Acedia vielfach dahingehend verstanden, dass einem insbesondere das zu viel ist, was Gott von einem verlangt. In anthropologischer Sicht wird sie von Josef Pieper dahingehend erfasst, dass „der Mensch sich dem Anspruch versage, der mit seiner eigenen Würde gegeben ist […], daß der Mensch seinem eigenen Sein letztlich nicht zustimmt“.
Ruth Gabriel (Donnerstag, 15 Oktober 2020 05:47)
Evagrios:
„[Wenn jemand] die wilden Dämonen erfahren und Einsicht in ihre Fertigkeiten bekommen möchte, dann beobachte er seine [verlockenden] Gedanken, ihr Nachlassen, ihre Abhängigkeiten, ihr den Umständen entsprechendes Auftauchen, welcher Dämon was hervorbringt, welcher dem anderen folgt, und welcher nicht darauf folgt. (Pr 50)
Diese Dinge zu wissen ist notwendig, damit wir, wenn die Gedanken beginnen ihre jeweiligen Belange anzuregen, noch bevor wir zu weit aus unserer Gemütsruhe ausgegangen sind, etwas gegen sie vorbringen und uns über den anwesenden Dämon klar sein können. So werden wir mit Gottes Hilfe bereitwillig Fortschritte machen, sie verblüffen und sie zwingen, vor uns zu fliehen. (Pr 43)
Gib dich nicht dem Gedanken des Zorns hin, indem du in deinem Kopf gegen denjenigen streitest, der dich gekränkt hat, noch dem der Unzucht, indem du ständig lustvollen Fantasien nachgehst. Denn der eine verdunkelt die Seele, der andere entfacht in ihr das Feuer der Leidenschaft. Beide aber besudeln den Intellekt. (Pr 23)“
Ruth Gabriel (Donnerstag, 15 Oktober 2020 05:48)
Evagrios:
„Keine Angst vor den Feinden zu haben und willig in den Drangsalen auszuhalten, ist das Werk des Mutes und der Geduld. (Pr 89)
In der Zeit der Versuchung dürfen wir unsere Zelle nicht aufgeben, egal welchen plausiblen Vorwand wir auch immer erfinden; wir sollten in ihr bleiben und beharrlich und tapfer allen Angreifern widerstehen, insbesondere aber dem Dämon des Überdrusses, der uns am meisten bedrückt und die Seele in hohem Maße erprobt macht. (Pr 28)“
Ruth Gabriel (Donnerstag, 15 Oktober 2020 05:49)
Evagrios:
„Diesem Dämon folgt unmittelbar kein anderer mehr. Aber nach ihrem Kampf kommt die Seele in einen friedvollen Zustand, und eine unaussprechliche Freude wird ihr zuteil. (Pr 12)“