Demut ist bei uns in den Ruf geraten, eine Leugnung der Würde des Menschen zu sein. Wir haben es fertiggebracht, eine der stärksten Tugenden des Evangeliums zur schwächlichen Sklaventugend umzukehren. Dabei ist die realistische Feststellung, wie weit wir noch von dem Ziel entfernt sind, dem wir zustreben, keineswegs etwas Negatives, sondern vielmehr der Weg zum Ziel. »Die größten Menschen, die ich gekannt habe«, sagt Goethe, »und die Himmel und Erde vor ihrem Blick hatten, waren demütig und wußten, was sie stufenwels zu schätzen hatten.«
So erfordert Demut den Mut zu ehrlicher Selbsterkenntnis, Aufrichtigkeit gegenüber sich selbst und Bescheidenheit. Sie bewahrt ebenso vor kritikloser Selbstüberschätzung wie vor unwürdiger
Unterwürfigkeit. Sie ist im Grunde nichts anderes als persönliche Wahrhaftigkeit, verbunden mit dem Bereitsein des Menschen, frei hinzutreten zu den geistigen und göttlichen Gütern. Demut ist
Öffnung, wo Hochmut Verschlossenheit bedeutet. Welche Tragweite das gerade im Blick auf den geistlichen Hochmut hat, ist in der Tradition der Wüstenväter drastisch geschildert: Kein anderes
Laster bringt einen solchen Totalabsturz. Aber Demut - gerade Gott gegenüber - heißt nun nicht: ängstliche Bescheidenheit! »Gott vermag alle Dinge. Aber das vermag er nicht, daß er dem
Menschen etwas versage, der demütig und hohen Begehrens ist« (Meister Eckhart).
Die Demut ist das Land, von dem Gott befohlen hat, daß man ihm darin opfern solle.
Ich will lieber belehrt werden als belehren.
Dankbarkeit ist die eigentliche Demut Gott gegenüber.
Eine hochfahrende und böse Rede bewegt auch gute Menschen zum Bösen. Aber eine demütige und gute Rede ändert auch Böse zum Besseren.
Ich will lieber mit Demut überwunden werden als mit Hochmut siegen.
Es gibt keine größere Tugend als niemanden zu verachten.
Ein Altvater sagte: »Ich habe viel mehr körperliche Mühsal auf mich genommen als mein Schüler und habe doch nicht den Grad seiner Demut und Stille erreicht.«
Ohne Sanftmut und Demut ist es nicht möglich, die gegenseitige Liebe zu wahren.
(aus Gerd Heinz-Mohr, "Weisheit aus der Wüste")
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Ruth Gabriel (Donnerstag, 13 August 2020 17:52)
"Ich schulde dem Leben das Strahlen in meinen Augen."
Schöne Umschreibung für "Dankbarkeit ist die eigentliche Demut Gott gegenüber."