
»Askese« wird am besten mit »Training« übersetzt. So wie ein Wettkämpfer seine Kräfte sorgfältig spart und zusammennimmt, um sie so intensiver für sein Kampfziel einzusetzen, so ist auch die
Askese kein Selbstzweck und erst recht keine Selbstrechtfertigung von Zukurzgekommenen. Sie dient einem Ziel, für das es sich lohnt, die gesamte Lebenshaltung zu konzentrieren. Denn ein Mensch
ist nicht reich in dem, was er sich leisten kann; er ist vielmehr reich im Verhältnis zu dem, worauf er verzichten kann. Und so ist es eine wahrhaft menschliche Aufgabe, sich der Dinge zu
enthalten, die den Zugang zu den wirklichen Werten versperren. Askese findet mitten im Herzen statt. Gott erfüllt uns, insoweit wir leer sind. »Wer sich verloren hat und von sich selbst
entbunden, der hat Gott, seinen Trost und seinen Heiland, funden.« (Angelus Silesius)
1. Welchen Nutzen hat es, sich einem Handwerk zuzuwenden und es nicht zu erlernen?
2. Drei körperliche Übungen fanden wir am Altvater Pambo: tägliches Fasten bis zum Abend, Schweigen und viel Handarbeit.
3. Die Besitzlosigkeit ist ein vollkommenes Gut für die, die sie ertragen können. Denn die sie aushalten können, haben zwar dem Fleische nach Bedrängnis, doch in der Seele Ruhe. Wie die
groben, festen Kleider beim Waschen mit Füßen getreten und kräftig herumgeschüttelt werden, so wird auch die starke Seele durch die freiwillige Armut zu noch größerer Anstrengung
fähig.
4. Es gibt eine überspannte Askese, die vom Feinde ist. Denn auch dessen Schüler üben sie. Wie nun unterscheiden wir die göttliche, die königliche Askese von der tyrannischen, dämonischen?
Offenkundig durch das Maß. Alle deine Zeit sollst du eine Norm für das Fasten haben. Faste nicht vier oder fünf Tage, und brich es nicht die übrige Zeit durch eine Fülle der Speisen. Denn überall
ist die Maßlosigkeit verderbenbringend. Solange du jung und gesund bist, faste. Es kommt das Alter mit seiner Schwäche. Soviel du kannst, häufe dir einen Schatz an (geistlicher) Nahrung auf,
damit du Ruhe findest, wenn du nicht mehr kannst.
5. Wenn ihr in der rechten Weise durch Fasten Askese übt, dann werdet ihr nicht aufgeblasen; denn wenn ihr euch dessen rühmt, wäre es besser für euch, Fleisch zu essen. Es nützt dem Menschen
mehr, Fleisch zu essen, als sich aufzublasen und sich groß zu rühmen.
6. Schon der Anfang der Berufung ist reine Gnade. Wir »erlaufen« den Siegeskranz nicht. Gott läßt uns Sieger sein, wenn wir den Gipfel der Vollendung ersteigen. Denn kein noch so großes
körperliches Leiden, keine noch so gewaltige Erschütterung des Herzens läßt uns die wahre
Keuschheit des inneren Menschen erringen oder die himmlische Heimat erreichen. Ohne Gott erlangen wir nichts, denn daß ein gutes Werk gelingt, das ist Gnade.
7. Demut und Gottesfurcht übertreffen sämtliche Leistungen.
(aus Gerd Heinz-Mohr, "Weisheit aus der Wüste")
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