"Seid in der Welt, aber nicht von der Welt" steht so nicht in der Bibel. Dort lesen wir etwas weiter gefasst bei Johannes 17,14-16:
14 Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hasst sie; denn sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin. 15 Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen. 16 Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.
Bleiben wir aber bei dem kurz gefassten Satz. Was ist denn in der Welt, aber nicht von der Welt? Und was bedeutet "von"? Erstmal deutet "von" eine Herkunftsbeziehung an, dann noch ein veraltetes "bestehen aus", wenn ich mich recht an alte Formulierungen erinnere.
Was stammt nicht von der Welt ab und ist auch nicht aus ihr gemacht? Erstmal nur einer - Gott. Er ist aber sehr wohl (auch) in der Welt.
Der Eingangssatz erinnert uns dann möglicherweise vor allem an unsere göttliche Wesensnatur und möchte, dass wir uns darauf besinnen. Von dort ausgehend müssten wir dann unser in der Welt sein untersuchen. Quasi eine zur rückkehrgerichteten umgekehrte Ausrichtung. Kann das gehen? Und wenn ja, wie?
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Jonas (Donnerstag, 02 Juli 2020 08:44)
wenn wir es schaffen, eine permanente Verbindung zu unserem göttlichen Wesenskern auszubilden, scheint mir das möglich zu sein.
Es wäre so, dass ein Teil unseres Bewusstseins auf unseren Urgrund (gem. Meister Eckhart) ausgerichtet ist und wir aus dieser Verbindung heraus in der Welt handeln. Oder anders herum gesagt, unsere bewusstseinsvermittelnde Basis liegt in unserem höheren Selbst begründet/ist darin verankert, und unsere AP ist nur das Vehikel, das uns die Teilnahme in dieser Welt ermöglicht.
Aus dieser (Rück-)Verankerung aus dem Urgrund heraus ("rückkehrgerichtet" und "umgekehrt") ergibt sich erst die Ausrichtung in der materiellen Welt.
Ruth Finder (Donnerstag, 02 Juli 2020 09:59)
Ein möglicher Blickwinkel:
Irgendjemand hat mal sinngemäß gesagt: "Wenn man einen Menschen permanent ein Schwein nennt, fängt dieser irgendwann an , zu grunzen."
So läuft es meistens (95%) zwischenmenschlich in der Welt, wenn man von der Welt ist. Lasst uns zu den 5% gehören, welche so "rückkehrgerichtet" handeln, wie es in einer chassidischen Geschichte und bei Santideva steht (die beiden Texte ergänzen sich wunderbar) und dem Bibelspruch voll entspricht:
Haus bauen
Rabbi Nachman sah das Wüten seiner Feinde als einen Segen an: "Alle Worte des Lästerns und aller Grimm der Feindschaft wider den Echten und Schweigsamen sind wie Steine, die gegen ihn geworfen werden - und er baut aus ihnen sein Haus."
Santideva:
Wenn mein Geist fest entschlossen
und glücklich von der Wahrheit überzeugt ist,
sich gefestigt, respektvoll und höflich verhält,
wenn er Selbstwürde in Bezug auf Moral und Furcht besitzt
zu Ruhe gekommen ist
und danach strebt, andere glücklich zu machen,
und da mein Geist sich niemals
von den widersprüchlichen Launen kindischer Leute entmutigen lässt,
weil er begreift, dass diese Launen deshalb entstehen,
weil die Leute störende Emotionen in ihrem Geist entwickeln haben,
entfaltet er ihnen gegenüber ein Gefühl des Wohlwollens.
Ruth Gabriel (Donnerstag, 02 Juli 2020 13:51)
Unser göttlicher Wesenskern muss uns zur inneren Gewissheit werden. Wir dürfen nicht an ihm zweifeln und ihn in Frage stellen. In Frage stellen müssen wir nur unseren Ausdruck desselben. Und das können wir anhand der drei Säulen.
K (Donnerstag, 02 Juli 2020 14:22)
zu 15 "Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen." : Die Welt is für uns wichtig, weil wir darin unsere Erfahrungen machen und uns weiter entwickeln können. Grundlage muss dabei immer die innere Gewissheit unseres göttlichen Wesenskerns sein (wie R.G. in #3 so gut formuliert hat).
Ruth Gabriel (Freitag, 03 Juli 2020 10:31)
Wie kann uns unser göttlicher Wesenskern zur inneren Gewissheit werden?
Indem wir uns beständig erinnern durch z.B. Gelöbnisse, Übungen und ein förderliches Umfeld.