Nasinda, ein wandernder Derwisch aus Buchara, antwortete auf Fragen oft mit: "Ich weiß nicht."
In Allahabad gab es bald Streit zwischen den Verfechtern der These, ein Lehrer solle niemals seine Unkenntnis zugeben und denen, die vorbrachten, dies sei zugegebenermaßen ungebildet und der Diskussion nicht wert. Wieder andere hatten wieder andere Ansichten darüber.
Man verwies die Debatte an den Hindu-Pandit Ram Lal, und jener sagte: Vielleicht drückt er mit 'Ich weiß nicht' aus, dass niemand weiß. Andererseits bedeutet er euch möglicherweise, dass Ihr nicht wisst - in dem Augenblick zeigt er Euch Euer wahres Selbst. Vielleicht will er sagen, dass er die Antwort nicht zu kennen braucht, weil Frage oder Antwort irreführend sind."
Jemand fragte: "Warum äußert er sich dann nicht genauer?"
Der Pandit sagte: "Er würde ja sonst kein Nachdenken und keine Diskussion mehr provozieren."
(Quelle unbekannt)
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Ruth Finder (Montag, 04 Mai 2020 15:53)
In der ESG (bei den Lehrern und Meistern generell, denke ich) heißt es: "Wenn du gefragt wirst, antworte nur die Hälfte." Um eben zum Nachdenken und zu weiteren Fragen zu animieren. Auch über Vorinkarnationen wird nicht viel Information (wenn überhaupt) gegeben. Und obwohl auch präzisere Dinge gesagt werden könnten, lehrt ihre Erfahrung, dass sowas nicht weiterhilft. Es wird auch nicht jede Regung und jedes Problem "seziert" und jeder Bitte um Führung so entsprochen, wie man es sich vorstellt und wünscht. Es wird wirklich viel Wert auf Eigenverantwortnug gelegt. Wichtig dabei sind Vertrauen und Wohlwollen beiderseits. Auch bei uns im Kreis, glaube ich, versuchen wir, so zu handeln.
Außerdem ist der Wunsch jedes Lehrers, dass sein(e) Schüler sich traut/trauen, zu ihm aufzuschließen und ihn sogar zu überholen.
Dazu eine schöne chassidische Geschichte:
In der Schrift wird erzählt: Die Dienstengel sprachen einst zu Gott: "Du hast Mose gestattet zu schreiben, was er schreiben will - da wollte er doch bestimmt zu den Leuten sagen: "Ich habe euch die Lehre gegeben!"
"Nicht doch", erwiderte ihnen Gott, "aber täte er es, er wäre mir getreu."
Rabbi Jizchak von Worki wurde von seinen Schülern befragt, wie dies zu verstehen sei. Er antwortete mit einem Gleichnis: "Ein Kaufmann wollte auf Reisen gehen. Vorher nahm er sich einen Gehilfen und stellte ihn in den Laden. Er selbst hielt sich zumeist in der angrenzenden Stube auf. Von da an hörte er im ersten Jahr zuweilen, wie der Gehilfe zu einem Käufer sagte: "So billig kann es der Herr nicht her geben." Der Kaufmann reiste nicht.
Im zweiten Jahr vernahm er mitunter von nebenan: "So billig können wir es nicht hergeben." Er verschob die Reise noch einmal.
Aber im dritten Jahr hieß es: "So billig kann ich es nicht hergeben." Da trat er seine Reise an."