Obwohl der Text (auch wie der vorherige aus dem Buch von R. Steiner "Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welt?") ein fernes Ziel, ein großes Ideal formuliert, gilt beim Lesen und Nachdenken auch
hier - wie im Großen so im Kleinen, wie oben so unten. Also, alles im Text Beschriebene kann man in unserem Alltag, in unseren Erfahrungen auf dem Weg wiederfinden und anwenden.
Anders als R. Steiner im Text unter anderem vielleicht die Begriffe "Völker und Rassen" behandelt, sehe ich hier die x-prozentige Welten (unsere ist 95%, die nächste wäre dann 94%? oder 90%?), die
man auf seinem langen Wege nach und nach bis zur Vollkommenheit erreicht und durchlebt.
#2
Ruth Finder(Donnerstag, 30 April 2020 15:48)
Rabbi Schlomo von Karlin sprach: "Wenn du einen Menschen aus Schlamm und Kot heben willst, wähne nicht, du könntest oben stehenbleiben und dich damit begnügen, ihm eine helfende Hand hinabzureichen.
Ganz musst du hinab, in Schlamm und Kot hinein. Da fasse ihn dann mit starken Händen und hole ihn und dich ans Licht."
#3
Rudi(Donnerstag, 30 April 2020 20:37)
Wieder zwei tolle Texte!
Die eigene Seligkeit als Selbstzweck steht nach meinem Empfinden im Widerspruch mit dem göttlich gebenden Prinzip. Wie sieht aber die Umsetzung von "Ganz musst du hinab, in Schlamm und Kot hinein. Da
fasse ihn dann mit starken Händen und hole ihn und dich ans Licht." auf dem spirituellen Weg in der anzustrebenden Weise aus?
#4
R.G.(Freitag, 01 Mai 2020 09:11)
Indem wir Lebe- statt Ĺesemeister sind. Lehre muss als Einheit von Leben und Wort verstanden werden. Wir müssen uns also immer neu fragen, wie sich eine erkannte, von Gott geschenkte Glaubenswahrheit
praktisch und verwandelnd in unserem Leben ausWIRKT. Erfüllung meint den ganzen Menschen, nicht nur den Kopf. Hierzu noch zwei andere chassidische Geschichten:
"Mein Lehrer, Rabbi Michal, hörte einmal in seinem Betstübchen zu Brody, wie ein Mann die 613 Gebote hersagte. Er sprach scherzend: ‘Was sagt ihr nur die Gebote her! Die sind zum Erfüllen gegeben und
nicht zum Hersagen’: Ich fragte ihn, was er damit meine; man müsse die Gebote doch auch lesen und lernen. ‘Man soll’, antwortete er, ‘bei jedem Gebot zu ergründen suchen, wie es erfüllt werden
will.’“
"Dass ich zum Maggid, zum Wanderprediger, fuhr, war nicht, um Lehre von ihm zu hören; nur um zu sehen, wie er die Filzschuhe aufschnürt und wie er sie schnürt.“
#5
R.G.(Freitag, 01 Mai 2020 09:24)
Und da geht es nicht ohne Demut und ohne den Dienst am Anderen.
Ich habe eine schöne Definition von Demut gelesen, die ungefähr so lautet: "Demütig ist, wer den anderen wie sich selbst fühlt und sich in dem andern."
#6
Ruth Finder(Freitag, 01 Mai 2020 11:20)
#4-5 - das stimmt.
Bei meiner Antwort auf die Frage benutze ich ganz konkret deine eigene Worte, Rudi. Denn noch vor Kurzem waren Du und Clemens (und z.B. ich und Clemens sind es seit 23 Jahren) die Protagonisten
dieser chassidischen Geschichte. Auch alle anderen finden sich und seine Mitmenschen in dieser Geschichte wahrscheinlich wieder. Und bestimmt auf beiden Seiten der Geschichte, wohlgemerkt.
"Ich würde euch gerne mein derzeitiges Befinden mitteilen. Die allererste Schwelle bezüglich eurer Gruppe habe ich hinter mir und ich bin euch sehr dankbar für die Art und Weise wie ihr reagiert
habt. Meine frühe Abwehrreaktion hat Clemens abbekommen. Die war zum Teil zusammengesetzt aus meiner Skepsis gegenüber spirituellen Bewegungen verschiedenster Art ("Wellnessesoterik", etc.) und zum
anderen ein Aufbäumen meiner AP. Nachdem Clemens das bewundernswert gemeistert und mich auch nicht abgewiesen hat, wozu er durchaus berechtigten Grund gehabt hätte kam bei mir die zweite Phase".
(Kommentar zu "Erkenntnisse II vom Samstag, 25 April 2020 22:43)
In der Geschichte von Rabbi Schlomo geht es um Auf-die-Distanz-gehen/halten oder um das Zulassen der Nähe, um das Angehen der zwischenmenschlichen Beziehungen. Sich von dem Anderen nach den ersten
Hilfeleistungen abzuwenden (bzw. dabei belassen) oder sich auf ihn doch weiter einzulassen (ihn nicht abweisen), obwohl das sehr oft nicht so einfach ist - darum geht es. "Schlamm und Kot" ist nur
ein häftiger und kräftiger Ausdruck für das Menscheln, für die Schwierigkeiten aller Art.
Es geht auch um das Übernehmen der Verantwortung dem Anderen gegenüber. Das erfordert Mut und Gelassenheit zugleich, Geduld und Wohlwollen.
Dabei lernen beide Seiten - der Helfer und der Hilfebedurftiger/Hilfesuchender (Lehrer und Schüler) - weiter dazu. Deswegen steht es geschrieben: "(...) und hole ihn UND DICH ans Licht."
#7
Rudi(Freitag, 01 Mai 2020 13:30)
@R.G. ein ernsthafter Hinweis und verblüffend konkret.
#8
Rudi(Freitag, 01 Mai 2020 14:27)
@RuFi Das Beispiel von Clemens und mir beschreibt schön die praktische Umsetzung von Clemens, die mich wirklich beeindruckt hat.
Ohne es zu formulieren war meine Frage eher auf Menschen bezogen, die den Weg nicht kennen. Und unseren Umgang mit ihnen. Zu ihnen in Schlamm und Kot gehen erlebe ich in der Praxis oft als Grenzgang.
#9
Rudi(Freitag, 01 Mai 2020 14:36)
@R.G. dein Beitrag zielt deutlich auf das Thema Theorie und Praxis auf dem Weg und vor allem auf meinem Weg und hat sicherlich auch mit meinen verschiedenen Beiträgen im Blog, meinem Lebenslauf und
meinem Text zu tun. Deine Ratschläge sind wichtig und ernst, deswegen würde ich gerne etwas ausführlicher darauf eingehen. Allerdings muss ich vorher noch essen. Freitags ist das immer etwas
später:-)
#10
Rudi @ R.G. I(Freitag, 01 Mai 2020 16:00)
Ein Freund hat mir vor vielen Jahren in einer schwierigen Situation den wertvollen Rat gegeben, ich solle Ratschläge oder Empfindungen, egal von wem sie kommen, ernst nehmen und möglichst aufrichtig
auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen. Selbst wenn derjenige nicht auf dem Weg sei. Das kam von ihm aus tiefstem Herzen und hat sich mir sehr eingeprägt.
Zur Theorie. Gestern habe ich einen Beitrag über die unterschiedlichen Wege meiner Frau und mir geschrieben. Mein Anliegen war, zu verdeutlichen, dass wir sehr unterschiedliche Wege hinter uns haben
und dass unsere Wahrnehmung uns häufig massiv täuschen kann. Dabei hat mein Anteil nicht gut abgeschnitten. Praktisch war das aber gestern für meine Frau und mich ein toller Tag. Die Formulierung gab
ich meiner Frau zu lesen und das hat viel bei ihr gelöst. Es war unbeabsichtigt auch eine Gelegenheit, ihr und allen, bei denen das Verhältnis zu sich selbst ähnlich gelagert ist, meine ehrliche
Wertschätzung mitzuteilen.
Ich habe großen Respekt vor all jenen, die es über die Jahrhunderte geschafft haben, ihre gelebten Werte hoch zu halten. Die das "Wort" womöglich vergaßen, es aber lebten und leben. Zu denen gehöre
ich leider nicht und deswegen muss ich deinen Rat um so ernster nehmen.
Zu meinem Leben gehört der dauernde Spannungsbogen zwischen Theorie, konkreter Erkenntnis von Wahrheit im speziellen Einzelfall und meiner mangelhaften Praxis sehr viel mehr wie beispielsweise bei
meiner Frau oder vielen anderen. Die positive Umsetzng ist bei mir oft ein zäher Prozess. Einfache Dinge des täglichen Lebens, die ihr wie selbstverständlich und ohne nachzudenken von der Hand gehen,
wollen von mir mühselig erarbeitet sein. Du liegst mit deiner Einschätzung also völlig richtig.
#11
Rudi @ R.G. II(Freitag, 01 Mai 2020 16:41)
Aber auch das sind wieder nur Worte und schon tut sich der Spannungsbogen auf. Meine einzige Möglichkeit, darauf und vor allem auf deinen Ratschlag zu reagieren liegt nach meinem Erkenntnisstand nur
darin, meine Ernsthaftigkeit im Sinne von täglicher Umsetzung gründlich zu überprüfen.
Spontan fallen mir einige Dinge ein. Clemens Hilfestellung, sich bei einsetzendem Dünkel freundlich und freudvoll einzustimmen, hat mir in den letzten 2 Tagen einige Situationen mit Mitarbeitern und
zuhause aufgezeigt, in denen mir das weniger gut gelang. Das Rauchen ist gerade ein großes Thema, weil es mir ganz offensichtlich an der Zeit zu sein scheint, damit aufzuhören. Das überhaupt noch als
Thema zu haben mag lächerlich erscheinen und ist es vielleicht auch. Weil ich weiß, dass ich Ruhe brauche wenn ich mit Rauchen aufhöre wollte ich die drei freien Tage nutzen, um es zu reduzieren.
Heute wollte ich die erste Zigarette erst mittags rauchen und habe die Meditation ausfallen lassen, weil ich wusste, dass ich mich mit dem gereizten Nervenkostüm mit der Konzentration schwer tun
würde. Das Ergebnis war äußerst unbefriedigend, weil ich doch 2 Zigaretten am Vormittag geraucht habe und dazu noch die Meditation ausfallen ließ. Ein toller Plan mit vorläufig bescheidenem Ergebnis.
#12
Rudi @ R.G. Ill(Freitag, 01 Mai 2020 16:51)
War es für dich (euch) so offensichtlich, dass ich vorwiegend leere Worte schreibe?
#13
Clemens(Freitag, 01 Mai 2020 17:49)
Ich weiß nicht, ob RuGa da wirklich so zielgenau geschossen hat. ^^ Kann sich doch jeder hinter die Ohren schreiben. Ich möchte zudem nochmal auf meinen #2-Kommentar zu "Fesseln" am 27.4. verweisen.
Es gibt vier Stufen des Wissens, und im (nennen wir es) Mittelfeld ist es schwer zu sagen, welche Wertigkeiten bestehen zwischen denen, die die Stufen eng beieinander liegen haben, und denen, die in
den unteren Bereichen viel mehr zu bieten haben - und in den oberen dagegen wenig.
Und: Es ist natürlich schon richtig, dass zuletzt alles Umsetzungserfahrung werden soll... und auch, dass es natürlich auch echte Extrempositionen gibt. Also null auf allen Stufen und 99% auf allen
Stufen. Aber rein von der Wahrscheinlichkeit her kann ich mir schlecht vorstellen, dass zwei solche Menschen dann via Ehe gemeinsam durchs Leben gehen würden. Das wiederspräche dem Prinzip der
relativen Nähe von Lehrer und Schüler. Ich würde daher immer auf eine sinnvolle Ergänzung für beide Seiten tippen. Das wäre bei 99 zu null kaum der Fall.
#14
Clemens(Freitag, 01 Mai 2020 17:58)
MIt dem Rauchen aufhören kann einen schon ziemlich runterziehen, vermute ich. Das klingt hier vielleicht auch ein bisschen an. ^^
Ich habe in jungen Jahren mal zwei Jahre Zigaretten geraucht, weil ich meine Heilung vom Asthma durch L. einfach nicht fassen und auf die Probe stellen wollte. Nach einem Jahr wollte ich mit dem
Rauchen aufhören. Ich habe dann ein Jahr lang täglich mit dem Rauchen aufgehört. Abends Zigaretten ins Klo, morgens zum Automaten - neue kaufen. Bis Selbstbeobachtung und Peinlichkeit so groß waren,
dass ich plötzlich eines Morgens quasi als Nichtraucher aufwachte.
Ich wünsche Dir, Rudi, dass Du es schaffst, mit dem Rauchen aufzuhören!
#15
Rudi(Freitag, 01 Mai 2020 18:23)
#13 die Positionen waren weit auseinander und nähern sich deutlich an. Was uns von Anfang an verbunden hat ist eine vergleichbare Ernsthaftigkeit, den Weg gehen zu wollen.
#16
Clemens(Freitag, 01 Mai 2020 18:26)
Cool! Also weit auseinanderes oberes Mittelfeld. :o)
#17
R.G.(Freitag, 01 Mai 2020 18:59)
Ich habe lange Jahre geraucht und dreimal jeweils für einige Jahre aufgehört bis ich nun seit einigen Jahren tatsächlich durch damit bin.
Ich wünsche dir auch, dass du es schaffst, Rudi!
#18
R.G.(Freitag, 01 Mai 2020 19:06)
Und...wie Clemens schon richtig gemutmaßt hatte, waren meine Beiträge auf uns alle bezogen.
@Rudi: Dennoch hat es mich sehr berührt und gefreut, was du über deine Frau geschrieben hast und hatte gehofft, dass du es sie lesen lässt.
#19
Rudi(Freitag, 01 Mai 2020 22:41)
@R.G.
Prima. Schon wieder Dünkel meinerseits. Ihr macht es mir aber auch nicht gerade leicht. Nach tagelangem Schweigen als erstes so ein Kommentar :-)
Für mich ist das fast wie eine Zoo-Nummer in eurem Blog. Mit Einwegscheiben turn ich da vor mich hin....aber immerhin, ich freue mich über jedes Lebenszeichen! Da mir auch nichts anderes übrig
bleibt, turne ich halt weiter.
#20
R.G.(Samstag, 02 Mai 2020 04:22)
@Rudi
Du musst wissen, ich bin Ostfriesin. Denen sagt man ja nach, dass sie eher wenig reden. Aber ich kann dir sagen, dass ich deine Beiträge sehr inspirierend finde. Also...turn gerne weiter! :0)
#21
R.G.(Samstag, 02 Mai 2020 04:41)
Zum Thema Umsetzung und Praxis:
Wir dürfen auch nicht zu hart mit uns sein. Ohne Selbstmitgefühl können wir kein Mitgefühl für Andere kultivieren. Auch hier ist es immer ein schmaler Grat zwischen mangelnder Willensstärke und
Selbstmitgefühl. Wir sind nun einmal auf dem Weg und natürlich machen wir nicht alles "richtig". Das sollte uns aber nicht entmutigen, weiterzugehen. Was wir stets beeinflussen können, ist unser
Bemühen, unabhängig vom "Ergebnis". Das scheint mir das Wesentliche.
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Ruth Finder (Donnerstag, 30 April 2020 15:47)
Obwohl der Text (auch wie der vorherige aus dem Buch von R. Steiner "Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welt?") ein fernes Ziel, ein großes Ideal formuliert, gilt beim Lesen und Nachdenken auch hier - wie im Großen so im Kleinen, wie oben so unten. Also, alles im Text Beschriebene kann man in unserem Alltag, in unseren Erfahrungen auf dem Weg wiederfinden und anwenden.
Zum besseren Verständnis:
Okkult bedeutet "verborgen", "übersinnlich", "esoterisch", "mystisch".
Anders als R. Steiner im Text unter anderem vielleicht die Begriffe "Völker und Rassen" behandelt, sehe ich hier die x-prozentige Welten (unsere ist 95%, die nächste wäre dann 94%? oder 90%?), die man auf seinem langen Wege nach und nach bis zur Vollkommenheit erreicht und durchlebt.
Ruth Finder (Donnerstag, 30 April 2020 15:48)
Rabbi Schlomo von Karlin sprach: "Wenn du einen Menschen aus Schlamm und Kot heben willst, wähne nicht, du könntest oben stehenbleiben und dich damit begnügen, ihm eine helfende Hand hinabzureichen. Ganz musst du hinab, in Schlamm und Kot hinein. Da fasse ihn dann mit starken Händen und hole ihn und dich ans Licht."
Rudi (Donnerstag, 30 April 2020 20:37)
Wieder zwei tolle Texte!
Die eigene Seligkeit als Selbstzweck steht nach meinem Empfinden im Widerspruch mit dem göttlich gebenden Prinzip. Wie sieht aber die Umsetzung von "Ganz musst du hinab, in Schlamm und Kot hinein. Da fasse ihn dann mit starken Händen und hole ihn und dich ans Licht." auf dem spirituellen Weg in der anzustrebenden Weise aus?
R.G. (Freitag, 01 Mai 2020 09:11)
Indem wir Lebe- statt Ĺesemeister sind. Lehre muss als Einheit von Leben und Wort verstanden werden. Wir müssen uns also immer neu fragen, wie sich eine erkannte, von Gott geschenkte Glaubenswahrheit praktisch und verwandelnd in unserem Leben ausWIRKT. Erfüllung meint den ganzen Menschen, nicht nur den Kopf. Hierzu noch zwei andere chassidische Geschichten:
"Mein Lehrer, Rabbi Michal, hörte einmal in seinem Betstübchen zu Brody, wie ein Mann die 613 Gebote hersagte. Er sprach scherzend: ‘Was sagt ihr nur die Gebote her! Die sind zum Erfüllen gegeben und nicht zum Hersagen’: Ich fragte ihn, was er damit meine; man müsse die Gebote doch auch lesen und lernen. ‘Man soll’, antwortete er, ‘bei jedem Gebot zu ergründen suchen, wie es erfüllt werden will.’“
"Dass ich zum Maggid, zum Wanderprediger, fuhr, war nicht, um Lehre von ihm zu hören; nur um zu sehen, wie er die Filzschuhe aufschnürt und wie er sie schnürt.“
R.G. (Freitag, 01 Mai 2020 09:24)
Und da geht es nicht ohne Demut und ohne den Dienst am Anderen.
Ich habe eine schöne Definition von Demut gelesen, die ungefähr so lautet: "Demütig ist, wer den anderen wie sich selbst fühlt und sich in dem andern."
Ruth Finder (Freitag, 01 Mai 2020 11:20)
#4-5 - das stimmt.
Bei meiner Antwort auf die Frage benutze ich ganz konkret deine eigene Worte, Rudi. Denn noch vor Kurzem waren Du und Clemens (und z.B. ich und Clemens sind es seit 23 Jahren) die Protagonisten dieser chassidischen Geschichte. Auch alle anderen finden sich und seine Mitmenschen in dieser Geschichte wahrscheinlich wieder. Und bestimmt auf beiden Seiten der Geschichte, wohlgemerkt.
"Ich würde euch gerne mein derzeitiges Befinden mitteilen. Die allererste Schwelle bezüglich eurer Gruppe habe ich hinter mir und ich bin euch sehr dankbar für die Art und Weise wie ihr reagiert habt. Meine frühe Abwehrreaktion hat Clemens abbekommen. Die war zum Teil zusammengesetzt aus meiner Skepsis gegenüber spirituellen Bewegungen verschiedenster Art ("Wellnessesoterik", etc.) und zum anderen ein Aufbäumen meiner AP. Nachdem Clemens das bewundernswert gemeistert und mich auch nicht abgewiesen hat, wozu er durchaus berechtigten Grund gehabt hätte kam bei mir die zweite Phase". (Kommentar zu "Erkenntnisse II vom Samstag, 25 April 2020 22:43)
In der Geschichte von Rabbi Schlomo geht es um Auf-die-Distanz-gehen/halten oder um das Zulassen der Nähe, um das Angehen der zwischenmenschlichen Beziehungen. Sich von dem Anderen nach den ersten Hilfeleistungen abzuwenden (bzw. dabei belassen) oder sich auf ihn doch weiter einzulassen (ihn nicht abweisen), obwohl das sehr oft nicht so einfach ist - darum geht es. "Schlamm und Kot" ist nur ein häftiger und kräftiger Ausdruck für das Menscheln, für die Schwierigkeiten aller Art.
Es geht auch um das Übernehmen der Verantwortung dem Anderen gegenüber. Das erfordert Mut und Gelassenheit zugleich, Geduld und Wohlwollen.
Dabei lernen beide Seiten - der Helfer und der Hilfebedurftiger/Hilfesuchender (Lehrer und Schüler) - weiter dazu. Deswegen steht es geschrieben: "(...) und hole ihn UND DICH ans Licht."
Rudi (Freitag, 01 Mai 2020 13:30)
@R.G. ein ernsthafter Hinweis und verblüffend konkret.
Rudi (Freitag, 01 Mai 2020 14:27)
@RuFi Das Beispiel von Clemens und mir beschreibt schön die praktische Umsetzung von Clemens, die mich wirklich beeindruckt hat.
Ohne es zu formulieren war meine Frage eher auf Menschen bezogen, die den Weg nicht kennen. Und unseren Umgang mit ihnen. Zu ihnen in Schlamm und Kot gehen erlebe ich in der Praxis oft als Grenzgang.
Rudi (Freitag, 01 Mai 2020 14:36)
@R.G. dein Beitrag zielt deutlich auf das Thema Theorie und Praxis auf dem Weg und vor allem auf meinem Weg und hat sicherlich auch mit meinen verschiedenen Beiträgen im Blog, meinem Lebenslauf und meinem Text zu tun. Deine Ratschläge sind wichtig und ernst, deswegen würde ich gerne etwas ausführlicher darauf eingehen. Allerdings muss ich vorher noch essen. Freitags ist das immer etwas später:-)
Rudi @ R.G. I (Freitag, 01 Mai 2020 16:00)
Ein Freund hat mir vor vielen Jahren in einer schwierigen Situation den wertvollen Rat gegeben, ich solle Ratschläge oder Empfindungen, egal von wem sie kommen, ernst nehmen und möglichst aufrichtig auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen. Selbst wenn derjenige nicht auf dem Weg sei. Das kam von ihm aus tiefstem Herzen und hat sich mir sehr eingeprägt.
Zur Theorie. Gestern habe ich einen Beitrag über die unterschiedlichen Wege meiner Frau und mir geschrieben. Mein Anliegen war, zu verdeutlichen, dass wir sehr unterschiedliche Wege hinter uns haben und dass unsere Wahrnehmung uns häufig massiv täuschen kann. Dabei hat mein Anteil nicht gut abgeschnitten. Praktisch war das aber gestern für meine Frau und mich ein toller Tag. Die Formulierung gab ich meiner Frau zu lesen und das hat viel bei ihr gelöst. Es war unbeabsichtigt auch eine Gelegenheit, ihr und allen, bei denen das Verhältnis zu sich selbst ähnlich gelagert ist, meine ehrliche Wertschätzung mitzuteilen.
Ich habe großen Respekt vor all jenen, die es über die Jahrhunderte geschafft haben, ihre gelebten Werte hoch zu halten. Die das "Wort" womöglich vergaßen, es aber lebten und leben. Zu denen gehöre ich leider nicht und deswegen muss ich deinen Rat um so ernster nehmen.
Zu meinem Leben gehört der dauernde Spannungsbogen zwischen Theorie, konkreter Erkenntnis von Wahrheit im speziellen Einzelfall und meiner mangelhaften Praxis sehr viel mehr wie beispielsweise bei meiner Frau oder vielen anderen. Die positive Umsetzng ist bei mir oft ein zäher Prozess. Einfache Dinge des täglichen Lebens, die ihr wie selbstverständlich und ohne nachzudenken von der Hand gehen, wollen von mir mühselig erarbeitet sein. Du liegst mit deiner Einschätzung also völlig richtig.
Rudi @ R.G. II (Freitag, 01 Mai 2020 16:41)
Aber auch das sind wieder nur Worte und schon tut sich der Spannungsbogen auf. Meine einzige Möglichkeit, darauf und vor allem auf deinen Ratschlag zu reagieren liegt nach meinem Erkenntnisstand nur darin, meine Ernsthaftigkeit im Sinne von täglicher Umsetzung gründlich zu überprüfen.
Spontan fallen mir einige Dinge ein. Clemens Hilfestellung, sich bei einsetzendem Dünkel freundlich und freudvoll einzustimmen, hat mir in den letzten 2 Tagen einige Situationen mit Mitarbeitern und zuhause aufgezeigt, in denen mir das weniger gut gelang. Das Rauchen ist gerade ein großes Thema, weil es mir ganz offensichtlich an der Zeit zu sein scheint, damit aufzuhören. Das überhaupt noch als Thema zu haben mag lächerlich erscheinen und ist es vielleicht auch. Weil ich weiß, dass ich Ruhe brauche wenn ich mit Rauchen aufhöre wollte ich die drei freien Tage nutzen, um es zu reduzieren. Heute wollte ich die erste Zigarette erst mittags rauchen und habe die Meditation ausfallen lassen, weil ich wusste, dass ich mich mit dem gereizten Nervenkostüm mit der Konzentration schwer tun würde. Das Ergebnis war äußerst unbefriedigend, weil ich doch 2 Zigaretten am Vormittag geraucht habe und dazu noch die Meditation ausfallen ließ. Ein toller Plan mit vorläufig bescheidenem Ergebnis.
Rudi @ R.G. Ill (Freitag, 01 Mai 2020 16:51)
War es für dich (euch) so offensichtlich, dass ich vorwiegend leere Worte schreibe?
Clemens (Freitag, 01 Mai 2020 17:49)
Ich weiß nicht, ob RuGa da wirklich so zielgenau geschossen hat. ^^ Kann sich doch jeder hinter die Ohren schreiben. Ich möchte zudem nochmal auf meinen #2-Kommentar zu "Fesseln" am 27.4. verweisen. Es gibt vier Stufen des Wissens, und im (nennen wir es) Mittelfeld ist es schwer zu sagen, welche Wertigkeiten bestehen zwischen denen, die die Stufen eng beieinander liegen haben, und denen, die in den unteren Bereichen viel mehr zu bieten haben - und in den oberen dagegen wenig.
Und: Es ist natürlich schon richtig, dass zuletzt alles Umsetzungserfahrung werden soll... und auch, dass es natürlich auch echte Extrempositionen gibt. Also null auf allen Stufen und 99% auf allen Stufen. Aber rein von der Wahrscheinlichkeit her kann ich mir schlecht vorstellen, dass zwei solche Menschen dann via Ehe gemeinsam durchs Leben gehen würden. Das wiederspräche dem Prinzip der relativen Nähe von Lehrer und Schüler. Ich würde daher immer auf eine sinnvolle Ergänzung für beide Seiten tippen. Das wäre bei 99 zu null kaum der Fall.
Clemens (Freitag, 01 Mai 2020 17:58)
MIt dem Rauchen aufhören kann einen schon ziemlich runterziehen, vermute ich. Das klingt hier vielleicht auch ein bisschen an. ^^
Ich habe in jungen Jahren mal zwei Jahre Zigaretten geraucht, weil ich meine Heilung vom Asthma durch L. einfach nicht fassen und auf die Probe stellen wollte. Nach einem Jahr wollte ich mit dem Rauchen aufhören. Ich habe dann ein Jahr lang täglich mit dem Rauchen aufgehört. Abends Zigaretten ins Klo, morgens zum Automaten - neue kaufen. Bis Selbstbeobachtung und Peinlichkeit so groß waren, dass ich plötzlich eines Morgens quasi als Nichtraucher aufwachte.
Ich wünsche Dir, Rudi, dass Du es schaffst, mit dem Rauchen aufzuhören!
Rudi (Freitag, 01 Mai 2020 18:23)
#13 die Positionen waren weit auseinander und nähern sich deutlich an. Was uns von Anfang an verbunden hat ist eine vergleichbare Ernsthaftigkeit, den Weg gehen zu wollen.
Clemens (Freitag, 01 Mai 2020 18:26)
Cool! Also weit auseinanderes oberes Mittelfeld. :o)
R.G. (Freitag, 01 Mai 2020 18:59)
Ich habe lange Jahre geraucht und dreimal jeweils für einige Jahre aufgehört bis ich nun seit einigen Jahren tatsächlich durch damit bin.
Ich wünsche dir auch, dass du es schaffst, Rudi!
R.G. (Freitag, 01 Mai 2020 19:06)
Und...wie Clemens schon richtig gemutmaßt hatte, waren meine Beiträge auf uns alle bezogen.
@Rudi: Dennoch hat es mich sehr berührt und gefreut, was du über deine Frau geschrieben hast und hatte gehofft, dass du es sie lesen lässt.
Rudi (Freitag, 01 Mai 2020 22:41)
@R.G.
Prima. Schon wieder Dünkel meinerseits. Ihr macht es mir aber auch nicht gerade leicht. Nach tagelangem Schweigen als erstes so ein Kommentar :-)
Für mich ist das fast wie eine Zoo-Nummer in eurem Blog. Mit Einwegscheiben turn ich da vor mich hin....aber immerhin, ich freue mich über jedes Lebenszeichen! Da mir auch nichts anderes übrig bleibt, turne ich halt weiter.
R.G. (Samstag, 02 Mai 2020 04:22)
@Rudi
Du musst wissen, ich bin Ostfriesin. Denen sagt man ja nach, dass sie eher wenig reden. Aber ich kann dir sagen, dass ich deine Beiträge sehr inspirierend finde. Also...turn gerne weiter! :0)
R.G. (Samstag, 02 Mai 2020 04:41)
Zum Thema Umsetzung und Praxis:
Wir dürfen auch nicht zu hart mit uns sein. Ohne Selbstmitgefühl können wir kein Mitgefühl für Andere kultivieren. Auch hier ist es immer ein schmaler Grat zwischen mangelnder Willensstärke und Selbstmitgefühl. Wir sind nun einmal auf dem Weg und natürlich machen wir nicht alles "richtig". Das sollte uns aber nicht entmutigen, weiterzugehen. Was wir stets beeinflussen können, ist unser Bemühen, unabhängig vom "Ergebnis". Das scheint mir das Wesentliche.