Zwei Seufzer

Einmal war Rabbi Jakov ben Katz ein paar Tage zu Gast bei einem Chassiden. Dessen Frau hatte ein altes silbernes Besteck in die Ehe mitgebracht, das sie den ganzen Tag vor des Rabbis Ankommen geputz hat. Am Abend bei Kerzenschein zeigte der Chassid seinem Gast stolz dieses Besteck. Dabei sagte er mit einigem Bedauern: "Verehrter, in echt, im Tageslicht, glänzt dieses edle Zeug viel schöner, aber so im schwachen Flackern der Kerze kommt es nicht recht zur Geltung."

Später in seiner Gästekammer seufzte Rabbi Jakov: "So auch die Menschen! Ihre wahre Natur glänzt so schön im Lichte Gottes, aber in ihrer Geistesdämmerung kommt das nicht zur Geltung."

Am nächsten Tag zur Mittagszeit versammelten sich die Familie der Chassiden und ihr Gast in der Stube zum Festmahl, welches der Chassid zu Ehren des Rebben gab. Auf dem Tische lag ein altes Zinnbesteck - die silbernen Erbstücke verwahrte der Gastgeber akkurat sortiert auf dem besten Platz im Küchenschrank. Man sah, wie sie hinter der Glasstür glänzten.

Von dem Rabbi angesprochen, warum denn das angepriesene Besteck nicht benutzt werde, antwortete der Chassid: "Ist doch zu schade, so blitzeblank wie es ist. Es anzusehen, reicht mir!"

Als Jakov ben Katz sich nach dem Essen von seinem Gastgeber verabschiedete und in seine Kutsche stieg, seufzte er zum zweiten Mal: "So viele glänzen vor sich hin - die Blender! - aber in echt, in sich und aus sich, bleibt es bei ihnen ohne Geltung und wirkungslos."

(Ruth Finder)

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