Aus eins mach zwei

Die Geschichten verlaufen nicht linear, sie "erzählen sich" oft durch viele Ebenen. So gibt es auch in der Bubel Geschichte Nr. 17, meinem Verständnis nach, mindestens zwei.

In seinem Grunde ist der Mensch gut. Und einfach/einfälltig: Er ist von einem Wunsch erfüllt, in Liebe zu dienen. Was ist dieser Dienst? Gott bei sich reinlassen und in die Welt tragen.
Daraus entsteht eine Haltung, eine innere Fassung, ein In-Gott-leben, ein Sein. Das ist die Freiheit, die berühmte Leere - grenzenlos -, wo die Begegnung stattfinden kann. Das ist die Ebene der beiden Zaddiks. Aus dieser Überlegung lässt sich für mich schlussfolgern, dass der Mensch an sich nicht Böse ist, sondern er hat das Böse in sich - nur aus Mangel an höherem Verständnis/ höherer Entwicklung hält er sich aus seiner weltlichen, egoistischen Sicht für etwas Besseres (Schlechtes, Gutes usw.) Das Ego braucht immer etwas zum Festhalten, ohne das fühlt es sich verloren. So schafft sich der Mensch einen begrenzten Raum, beengt sich selbst. Wer aber die Grenzen zieht, kann einem anderen nicht begegnen bzw. nur auf Distanz, unzureichend, sprich: nicht bereichernd. Das ist die Ebene der hochmütigen "Berge".

Übrigens in diesem Sinne könnte man den Satz verstehen, dass "der Stress von Leere umzäunte Hast" ist. Um uns herum ist wunderbare, grenzenlose Seins-Leere, und wir befinden uns in einer selbst geschaffenen festen Blase der Hast. Wir spühren intuitiv deren Grenze und das verursacht Stress.

Noch ein Oxymoron: feste Blase. Denn eine Blase kann nicht fest sein. Wir machen sie so und halten sie für fest. Mit einer einzigen richtigen Bewegung könnten wir sie zum Platzen bringen, wenn - einem Spruch gemäß - unsere Nase des Buddhas Nase berührt.

Dazu eine Katz-Geschichte.

Schaumbad

Eines morgens wachte Rabbi Jakov ben Katz schweißgebadet, aber erleichtert aus einem Alptraum auf.

"Was hat dich so erschreckt?!", fragte ihn Perle besorgt.

Er erzählte: "Ich träumte, dass ich zu Besuch bei einem Freund in der Stadt bin. Er weiß, dass ich einen langen Weg zurückgelegt habe, und bietet mir freundlicherweise ein heißes Bad an, bei dem auch etwas Seifenschaum nicht fehlen darf. Ich lege mich genüsslich hinein und beobachte die vielen bunten Seifenblasen. Wie sie glitzern und schimmern, wie sie mich umschmeicheln. Schon habe ich alles drum herum vergessen. Da kriege ich Lust, mehr davon zu haben, und plantsche wild mit Füßen und Händen im Badewasser herum. Die Schaumblasen werden mehr und mehr und wachsen zu einem Berg. Aber auf einmal kriege ich keine Luft mehr - der Blasenungeheuer scheint mich zu erdrücken. Wie gelähmt liege ich da! Angst und Bange haben mich ergriffen. Was tun?! Mit letzter Kraft und Sinn ließ ich die Blasen platzen. Und dann habe ich die nackte Wahrheit gesehen!"

Perle schaute den Rabbi von Kopf bis Fuß an und sagte schmunzelnd: "Die ist doch gar nicht so erschreckend!"

Da lachte der Reb. Sagte aber nachdenklich: "Wenn man sich in einer Blase der Unkenntnis befindet und sich mit weltlicher Hast immerfort neue Blasen schafft - das kann einen ganz schön erdrücken. Aber das sind doch nur die Blasen. Man muss sie beherzt zum Platzen bringen!"

(Ruth Finder)

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    R.G. (Dienstag, 09 Oktober 2018 06:41)

    "Gott bei sich reinlassen und in die Welt tragen."
    Eine wunderbare Beschreibung der Weg-Arbeit in wenigen Worten.