Matthäus 13

1. An demselben Tage ging Jesus aus dem Hause und setzte sich an das Meer.
2. Und es versammelte sich eine große Menge bei ihm, sodass er in ein Boot stieg und sich setzte, und alles Volk stand am Ufer.
3. Und er redete vieles zu ihnen in Gleichnissen...
(...)
10. Und die Jünger traten hinzu und sprachen zu ihm: Warum redest du zu ihnen in Gleichnissen?
11. Er antwortete und sprach zu ihnen: Euch ist's gegeben, zu wissen die Geheimnisse des Himmelreichs, diesen aber ist's nicht gegeben.
12. Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat.
13. Darum rede ich zu ihnen in Gleichnissen. Denn mit sehenden Augen sehen sie nicht und mit hörenden Ohren hören sie nicht; und sie verstehen es nicht.
14. Und an ihnen wird die Weissagung Jesajas erfüllt, die da sagt (Jesaja 6,9-10): »Mit den Ohren werdet ihr hören und werdet nicht verstehen; und mit sehenden Augen werdet ihr sehen und werdet nicht erkennen.
15. Denn das Herz dieses Volkes ist verfettet, und mit ihren Ohren hören sie schwer, und ihre Augen haben sie geschlossen, auf dass sie nicht mit den Augen sehen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren, dass ich sie heile.«
16. Aber selig sind eure Augen, dass sie sehen, und eure Ohren, dass sie hören.
17. Wahrlich, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben begehrt, zu sehen, was ihr seht, und haben's nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben's nicht gehört.

 

Matthäus 13 gibt einiges her. Auf den ersten Blick erscheint besonders der fett geschriebene Teil seltsam, aber denken wir nochmal darüber nach...

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Kommentare: 9
  • #1

    Jonas (Freitag, 27 Juli 2018 10:04)

    Jesus unterscheidet in dieser Bibelstelle zwei Gruppen von Menschen: Jene, welchen die „Geheimnisse des Himmelreiches“ direkt mitgeteilt bekommen - seinen Jüngern, und andererseits die breite Masse an Menschen, zu denen er in Gleichnissen spricht.

    Die Geheimnisse des Himmels könnten wir allgemein als Wahrheiten auffassen, die Jesus den Menschen näherbringen will. Wie wir wissen ist es gar nicht so einfach, Wahrheiten, die nichtlinear und multidimensional/multifaktoriell sind, in die Form von Worten zu bringen und dem anderen dadurch zu vermitteln.

    Es geht viel dabei verloren, sodass jeder seinem Erkenntnisstand entsprechend gefordert ist, die eigentliche Essenz hinter den Worten zu erfassen. Je entwickelter man ist bzw. je mehr man in der Gnade steht, umso leichter fällt es, in die Tiefe des Gesprochenen einzudringen (ihre Ohren und Augen sind offen).

    Jesu engere Jünger dürften hier schon recht fortgeschritten gewesen sein, sie erhielten deshalb direktere, unmittelbarere Erklärungen (Perlen) von ihm. Die offenen Ohren und Augen sprechen auch den Bereich der Einsicht und Erkenntnis an, der auf eine intuitive Art und Weise erfolgt, eine Kommunikation auf HS-Ebene. Groken oder die Schau fällt in diesen Bereich.

    Menschen, die von ihrer Entwicklung her nicht so weit sind kommen meines Erachtens nach mit Gleichnissen oder Bildern viel besser zurecht als mit direkten Erklärungen, da erstere einerseits eine tiefere Verständnisebene ansprechen und ihnen dadurch ein leichterer Zugang zu den zu vermittelnden Inhalten möglich wird. Man kann sie damit viel besser erreichen, dadurch das Wesentliche viel besser ausdrücken als über direkte verbal- intellektuelle Erklärungen, die noch dazu gefährdet sind, von nicht ausgerichteten AP´s intellektuell wiederum zerpflückt zu werden.

    Andererseits lassen Gleichnisse auch eine Vielzahl von Interpretationsmöglichkeiten zu und können somit jeden Menschen seinem Entwicklungsstand entsprechend dort abholen, wo er gerade steht. Jeder versteht es also auf seine Weise, seinem Erkenntnisstand entsprechend. Gleichnisse sind also in gewisser Weise „massentauglich“, für jeden geeignet und trotzdem jeden individuell ansprechend.

    Aus der Varianz an Interpretationsmöglichkeiten heraus gaben Gleichnisse dem Revolutionär Jesus auch einen gewissen Schutz vor Verfolgung durch die mächtige „Amtskirche“ seiner Zeit. Auch aus dieser Überlegung heraus scheint die unterschiedliche Behandlung seiner Jünger, die direkte Belehrungen erhalten haben, gegenüber der breiteren Öffentlichkeit nachvollziehbar und sinnvoll.
    Diese Struktur findet man ja auch in spirituellen Gemeinschaften, wo es innere und innerste Kreise gibt.

  • #2

    Jonas (Freitag, 27 Juli 2018 13:51)

    Eine Vermutung zum fetten Text in 11 und 12:
    Man könnte die Textstelle als Hinweis auf die unterschiedliche Ausrichtung der beiden Gruppen verstehen.

    Die spirituell entwickelten Jünger Jesu, die die "Geheimnisse des Himmels" (Wahrheiten) schon kennen ("ist´s gegeben", "wer da hat"), also bereits gut ausgerichtet sind, erfahren eine Entwicklungsbeschleunigung ("dem wird gegeben"), sie kommen dadurch letztlich in die "Fülle", finden das Reich Gottes.

    Diejenigen mit schlechter, mangelhafter, falscher Ausrichtung (die wenig/nichts haben), müssen diese zuerst revidieren (wird das wenige, das sie haben, genommen werden). Sie müssen zuerst ihre nicht heilsamen Überzeugungen und Lebensweise aufgeben (wird ihnen durch die Karmakeule "genommen") und können dann erst, nach neuer Ausrichtung den Weg gehen, den die anderen schon beschreiten.

  • #3

    Clemens (Freitag, 27 Juli 2018 19:54)

    Wenn ich Schalom Ben-Chorin in seinem "Bruder Jesus - Der Nazarener in jüdischer Sicht" richtig erinnere, dann ist sein Ansatz recht erstaunlich. Ihm zufolge war die Gleichnisrede unter SCHRIFTGELEHRTEN (wie Jesus selbst) zu Jesu Zeiten überaus populär. Jesus aber redete zum einfachen Volk in Gleichnissen. DAS erstaunte die Jünger... Und Jesus sagte dazu, dass er zum Volk deswegen in Gleichnissen rede, damit Jesaja erfüllt werde - indem das Volk eben gerade NICHT die Gleichnisse verstehe (wie in 14 und 15 beschrieben). Ben-Chorin zufolge habe Jesus die Gleichnisrede benutzt um die VERSTÄNDIGEN und die UNVERSTÄNDIGEN zu trennen, und die letzteren würden durch die Gleichnisrede in noch größere Verwirrung gestürzt werden.

  • #4

    Clemens (Samstag, 28 Juli 2018 18:14)

    Ich folge ja auch der "abendländischen" Tradition und sehe die Gleichnisrede eher als niederschwelliges Angebot für "das Volk". Man kann in dem Abschnitt neben der Zweispurigkeit (Dreispurigkeit, wenn man den Lehrer mitrechnet) bei einiger Spitzfindigkeit eine größere Reihe von unterschiedlichen Graden ausgemacht:

    1. Jesusgrad
    2. Jüngergrad
    3. Propheten
    4. Gerechte
    5. Volk/Menge (vielleicht noch unterteilbar in Gleichnisversteher und -nichtversteher)

    Der Jesusgrad steht offensichtlich für den (relativ/absolut?) Vollendeten. Der Jüngergrad ist der nächstniedrigere Grad. Einmal sind die Jünger ja Schüler, und zudem zeigen sie im neuen Testament mehr oder weniger gravierende Defizite. Gleichwohl werden sie implizit von den Propheten und Gerechten beneidet. Die wiederum stehen über der Menge, dem Volk.

    Zuordnungsmöglichkeit:

    - das Volk: als Gleichnisnichtversteher Tote, als Gleichnisversteher Schläfer (Nichtauditoren/Auditoren)
    - Gerechte: Erfüller der religiösen Gebote (innere Auditoren)
    - Propheten: Gerechte mit einer spirituellen Vision/Ausrichtung (Volontäre/Aspiranten?)
    - Jünger: Verständige mit direktem Zugang, ESGler
    - Jesus: Lehrer, Meister, Avatar

  • #5

    Ruth Finder (Samstag, 28 Juli 2018 20:38)

    Zu Satz 17 hätte ich folgenden Erklärungsversuch:

    "17. Wahrlich, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben begehrt, zu sehen, was ihr seht, und haben's nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben's nicht gehört."

    Die Gerechten sind von der Rationalität bestimmt: Sie erfüllen die religiösen Gebote durch die Kenntnis der Schriften (intellektuelles Wissen).

    Die Propheten sind von der Intuition bestimmt: Sie sprechen von einer Vision, die sie mystisch empfangen haben (Wissen des Herzens).

    Man muss die beiden Tugenden kultivieren, um zu sehen und zu hören, wie eben die Jünger Jesu (ESGler).

  • #6

    Diana (Sonntag, 29 Juli 2018 10:52)

    Neben den schon formulierten unterschiedlichen Ansätzen von Euch, die sehr interessant und anregend sind, erschienen mir noch folgende Überlegungen interessant:

    Jesus nutzte die Gleichnisse, mit denen er zum gewöhnlichen Volk sprach, auch als eine Form, heilsame Elementale weiterzugeben. Eine Art „Wahrheitsdusche“, die die Menschen nicht wahrnehmen können. Es spiegelt den Gnadenaspekt wider, dass wir, ohne es wahrzunehmen oder zu wissen, immer belehrt werden, immer in irgendeiner Form mit der Wahrheit konfrontiert werden, auch wenn wir es nicht bemerken oder es nicht als Kontakt mit der Wahrheit ansehen.

    Man könnte das auch als Produktion von übergeordneten heilsamen Elementalen und Elementalgruppen verstehen, die größere Menschenmengen, ein Volk, erreichen können. Die die Menschen als Gruppe oder im Einzelnen positiv beeinflussen, wenn sie es zulassen, die Möglichkeit dafür entsteht. Vielleicht eine Form von höherer Effizienz, Einsetzen der Geschicktheit der Mittel auf einer anderen Ebene.

    Gleichnisse und Mythen/ Geheimnisse sprechen nicht so sehr das rationale Verstehen an. Sie wirken aufgrund ihrer Form und Sein mehr auf das Unbewusste, auf das unbewusste, noch mit der AP identifizierte/ ungeklärte Höhere Selbst innerhalb der Trennungswelten. Gleichnisse/ Geheimnisse produzieren ein Echo in uns – wenn schon ein minimaler Anteil in uns vorhanden ist, der sucht, der hören und bewusst-werden möchte. Sie bringen etwas in uns zum Klingen, wenn dafür Raum da ist. Eine lichter Impuls, der an den tief verschütteten, lichten Impuls tief in uns gerichtet ist. Wie ein Echolot. Nur, dass nicht nur von der einen Seite (Jesus) der individuelle Entwicklungsspielraum gemessen wird, sondern dass, - wenn Ritzen oder Eingänge bestehen -, der Impuls tiefer gelenkt und platziert wird, was über eine lediglich messende Resonanz hinausgeht.

    Daskalos beschreibt, dass heilsame Elementale in unserer „Aura“ (verstehe ich als unsere Persönlichkeitsgrenzen, die einen weiteren Raum zwischen innen und außen einnehmen) platziert werden können und dort sozusagen auf ihren Einsatz warten – wenn wir einen entsprechenden Resonanzboden in uns entwickelt haben, dass diese wirklich zum Einsatz kommen können. Eine große Unterstützung, weil wir dann schon – trotz der Weg-Arbeit, die wir selbst erledigen müssen –, auf sehr sehr viel Unterstützung zurückgreifen können. Und das auch dadurch heilsam auf uns wirkt, dass bestehende heilsame Elementale einen Anker für weitere heilsame Elementale darstellen (Gleiches zieht Gleiches an). Und dass heilsame Impulse zusätzlich Raum in unserer Persönlichkeitsatmosphäre (unscharfe Trennung zwischen Innerem und Äußerem, diffundierender Raum – je nach Entwicklungsstatus) einnehmen, so dass, materiell vorgestellt, aus Platzgründen, unheilsame Elementale etwas weniger Raum einnehmen können.

    Und es könnte auch so sein, dass diese Elementale wie ein Resonanzboden auf dem Weg unserer Entwicklung wirken, der uns nicht wirklich klar und bewusst ist. Der innere Impuls der unbewussten Suche, dem dunkel leuchtenden Licht in uns, der unerklärlichen und unbewussten Sehnsucht, die uns vorantreibt, anfangs oft gar nicht wissend, wonach wir suchen. Der trifft auf den Resonanzboden der heilsamen Elementale/ Gruppenelementale. Wir finden einen unerkannten Widerhall, der in uns, in dieses verborgene Licht, zurückgeworfen wird und uns einen neuen Impuls bringt, mit dem wir wieder arbeiten können. Diese Bewegung wiederholt sich fortgesetzt, ein Weg, der uns bei der Klar- und Bewusstwerdung unterstützt. Oder vielleicht DER Weg zur Klar- und Bewusstwerdung. Das macht deutlich, dass isolierte Entwicklung nicht möglich ist, nur als Zwischenschritt denkbar oder auf einzelne Aspekte oder Phasen bezogen notwendig ist. Ansonsten ist Entwicklung ein Phänomen in uns, das nur durch die Einbindung in einen größeren Raum, der uns Resonanz liefert, möglich ist.

  • #7

    Diana (Sonntag, 29 Juli 2018 11:40)

    Sprache ist etwas, was immer nur eine Annäherung sein kann. Eine Form des Ausdrucks, die etwas Festlegendes auf dem Weg der Beschreibung hat, so aber nie umfassend die Wirklichkeit (die ja über das Materielle hinausgeht und dort viel wirklicher ist) wiedergeben kann.

    Im Ausdruck durch Gleichnisse, Mythen, Geschichten fließt dieser loslassende Aspekt in den Ausdruck mit ein. Es wird etwas ausgedrückt, um etwas Unausdrückbares zu transportieren. Dieses Unausdrückbare verweist auf unser wirkliches, göttliches Selbst. Unausgedrückt und unbewusst in die materielle Welt abgestiegen, um das unbewusst und unausgedrückt Seiende in Bewusstsein und Ausdruck zu bringen. So verweisen uns die Gleichnisse bei Jesus auf unser inneres göttliches Selbst. Und inwieweit die Wahrheit in der Form zu uns durchdringt, hängt – wie in den anderen Beiträgen beschrieben -, vom jeweiligen Zuordnungsgrad ab.

  • #8

    Diana (Sonntag, 29 Juli 2018 12:08)

    Gleichnisse haben neben dem loslassenden Aspekt natürlich auch einen führenden Aspekt.

    Das muss so sein, sonst wären es ja beliebige, alltägliche Geschichten. Das spiegelt einen weiteren Sachverhalt wieder: Je größer unsere tatsächliche Freiheit wird, umso mehr Führung bekommen wir. Je mehr Führung wir bekommen, umso mehr Freiheit erlangen wir.
    Das spiegelt sich auch dadurch wieder, dass wir im Zuge unseres Aufstiegs immer mehr mit der Lehre, den Lehrenden und der Gemeinschaft in Berührung kommen. Und wir im Zuge unserer Entwicklung diese drei Prinzipien, wofür diese äußeren Instanzen stehen, verinnerlichen bzw. eins-werden.

  • #9

    Jonas (Montag, 30 Juli 2018 07:28)

    Diese drei von Dir angesprochenen Prinzipien könnte man auch als Ausdruck der Dreifaltigkeit Gottes sehen: Die Lehre (=Grundlegendes, die Basis - Gott Vater), die Lehrenden (=Vermittlung, Umsetzung derselben - Hl. Geist) und Gemeinschaft (aller Menschen - der Leib Christi).